Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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tern des <strong>Volkswagen</strong>werks angebauten Nahrungsmittel. Darüber<br />
hinaus räumte die Betriebsvereinbarung Mitwirkungsrechte bei<br />
der Festlegung des Produktionsprogramms und Einsicht in die<br />
Geschäftsunterlagen ein. 220<br />
Die der Betriebsordnung vorangestellten „10 Grundsätze für<br />
die Arbeit im <strong>Volkswagen</strong>werk“ ließen indes ein Fortwirken der<br />
DAF-Tradition erkennen. Mit deutlichem Anklang an die Betriebsgemeinschaftsideologie<br />
des Dritten Reiches bezeichneten die<br />
Verfasser „alle Arbeit im Werk“ als „Dienst am Volke zum Nutzen<br />
der Allgemeinheit“, die Arbeiter und Angestellten als „eine geschlossene,<br />
demokratisch geführte Leistungsgemeinschaft“ und<br />
verkündeten zum Schluss, „Vergehen gegen den Arbeitsfrieden<br />
und Disziplinlosigkeit gegenüber dem Leistungswillen der Betriebsgemeinschaft“<br />
energisch zu bekämpfen. Diese Grundsätze demonstrieren,<br />
wie unter Hinweis <strong>auf</strong> die nationale Bedeutung des<br />
<strong>Volkswagen</strong>werks sozialpolitische Interessengegensätze beiseite<br />
gedrängt wurden. 221 Für die Arbeitnehmervertretung stellte die<br />
Betriebsvereinbarung gleichwohl einen Fortschritt dar, zumal sie<br />
ihrer Forderung nach Mitbestimmung bei Einstellungen, Entlassungen<br />
und Höhergruppierungen gegen das von der Werkleitung<br />
vorgeschlagene Anhörungsrecht Geltung verschaffen konnte.<br />
Münch bezeichnete das Zugeständnis als „Probe <strong>auf</strong> die demokratische<br />
Gesinnung“. 222<br />
der wandel zum marktunternehmen<br />
Die Besetzung eines zukünftigen Aufsichtsrats oder die Einsetzung<br />
eines Arbeitsdirektors waren nicht Gegenstand der Betriebsvereinbarung.<br />
Eine aus Betriebsrats- und Gewerkschaftssicht wünschenswerte<br />
Antwort <strong>auf</strong> die offenen Fragen gab die in der rheinisch-westfälischen<br />
Eisen- und Stahlindustrie im März 1947<br />
eingeführte paritätische Mitbestimmung. Doch die <strong>auf</strong> Beschluss<br />
der Betriebsversammlung vom November 1947 geforderte Bestellung<br />
eines Arbeitsdirektors stieß bei der <strong>britischen</strong> Militärregierung<br />
<strong>auf</strong> Ablehnung. Denn einerseits war eine Beteiligung der<br />
Arbeitnehmer an der Unternehmensleitung dem angelsächsischen<br />
Modell des industriellen Interessenausgleichs fremd. Entsprechend<br />
fiel die Begründung aus, wonach kein Mensch zugleich<br />
Management und Belegschaft vertreten könne. Die Aufgabe des<br />
Betriebsrats bestehe in der Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen,<br />
während der Arbeitsdirektor als Mitglied der Werkleitung<br />
die Interessen des Unternehmens zu wahren habe. Andererseits<br />
betrachteten sich die Briten als Treuhänder <strong>auf</strong> Zeit und<br />
wollten in dieser zentralen Frage eine künftige Unternehmensleitung<br />
nicht vor vollendete Tatsachen stellen. 223<br />
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