Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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Am einfachsten wäre es wohl gewesen, den Bestimmungen des im<br />
April 1947 verabschiedeten Kontrollratsgesetzes Nr. 50 zu folgen<br />
und das gesamte DAF-Vermögen, sofern es nicht einer Gewerkschaft,<br />
Genossenschaft oder karitativen Vereinigung gehörte, der<br />
jeweiligen Landesregierung zu übergeben. Doch die Militärregierung<br />
nahm das <strong>Volkswagen</strong>werk ausdrücklich von der Anwendung<br />
der Direktive aus und behielt die Kontrolle in ihrer Hand. Ein<br />
Grund dafür waren die von den deutschen Gewerkschaften reklamierten<br />
Eigentumsrechte, die sich <strong>auf</strong> das Kernargument stützten,<br />
dass die Deutsche Arbeitsfront und damit auch das <strong>Volkswagen</strong>werk<br />
mit dem konfiszierten Vermögen der 1933 zerschlagenen<br />
Gewerkschaften <strong>auf</strong>gebaut worden seien. 442 Obwohl die Militärregierung<br />
den gewerkschaftlichen Standpunkt nicht teilte und die<br />
Direktive 50 Handhabe dazu bot, lehnte sie den Anspruch nicht<br />
endgültig ab, sondern hielt die Sache in der Schwebe. Ansprüche<br />
stellten auch die ehemaligen KdF-Wagen-Sparer, die <strong>auf</strong> Auslieferung<br />
von insgesamt 267.000 <strong>Volkswagen</strong> oder Rückzahlung ihrer<br />
Spareinlagen bestanden, was das <strong>Volkswagen</strong>werk in den finanziellen<br />
Bankrott getrieben hätte. Die von den „<strong>Volkswagen</strong>sparern“<br />
im Mai 1949 angestrengte Musterklage, die den <strong>auf</strong>wändigen, erst<br />
nach zwölf Jahren mit einem Vergleich endenden Zivilprozess auslöste,<br />
war für die Militärregierung ein weiterer Grund, den Status<br />
quo <strong>auf</strong>recht zu erhalten, bis die bevorstehende Bildung einer<br />
deutschen Bundesregierung Bewegung in die Dinge brachte. 443<br />
der letzte schritt zur pole-position<br />
Im Juli 1949 bot die Property Control dem Land Niedersachsen<br />
eine direkte Kontrolle über das <strong>Volkswagen</strong>werk an. Doch die amtierende<br />
Koalitionsregierung unter dem sozialdemokratischen<br />
Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf lehnte wegen der ungewissen<br />
Verbindlichkeiten des Unternehmens ab und bevorzugte<br />
stattdessen die Rolle eines Treuhänders unter der Schirmherrschaft<br />
der zukünftigen Bundesregierung. A9<br />
Kopfs Haltung änderte sich nach der Bundestagswahl im September<br />
1949, die eine konservative Regierung unter Konrad Adenauer<br />
ins Amt hob. Denn aus sozialdemokratischer Sicht war zu befürchten,<br />
dass dem Bundeswirtschaftsminister Erhard die Kontrolle<br />
übertragen und das <strong>Volkswagen</strong>werk somit unter die Räder einer<br />
liberalen Wirtschaftspolitik geraten würde. Die Landesregierung<br />
reklamierte Verantwortung für das Werk mit der Begründung, dies<br />
könne ein Testfall für die Autoritätenteilung zwischen Bund und<br />
Land sein. Ihrer Forderung entsprach die britische Militärregierung<br />
am 6. September 1949 mit der Verordnung 202. Sie übertrug<br />
die Verantwortung für die Kontrolle des Werks dem Land Niedersachsen<br />
mit der Maßgabe, diese gemeinsam mit der Bundesregierung<br />
und unter deren Leitung auszuüben. Damit hatte die britische<br />
Militärregierung ein „Meisterstück der Zweideutigkeit“ abgeliefert.<br />
444 Sie übertrug das <strong>Volkswagen</strong>werk zwei unterschiedlichen<br />
Autoritäten, ohne eine eindeutige Entscheidung über die Frage der<br />
Eigentümerschaft zu treffen.<br />
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