Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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der wandel zum marktunternehmen<br />
Sein Stellvertreter, Finanzchef Hans Hiemenz, übernahm die<br />
Federführung in der von Münch am 8. Oktober 1947 eingesetzten<br />
Kommission, die Vorschläge für eine Restrukturierung der Unternehmensorganisation<br />
erarbeiten sollte. Kostensenkung hatte auch<br />
für Hiemenz oberste Priorität, der das nicht vorhandene Kostenbewusstsein<br />
im Unternehmen mit deutlichen Worten anprangerte:<br />
„Ich habe den Eindruck, dass sich jeder darüber freut, recht große<br />
Kosten zu verursachen, weil er damit einerseits seiner Größe Ausdruck<br />
geben will und andererseits die Überzeugung hat, dass man<br />
nicht das Werk schädigt, sondern die britische Militärregierung.“ 141<br />
Am 31. Oktober legte die Kommission ihren Vorschlag für eine<br />
Neuorganisation vor, die sich an der für deutsche Industrieunternehmen<br />
üblichen kollegialen Geschäftsführung orientierte. Unter<br />
Beibehaltung eines dem Board of Control berichtspflichtigen<br />
Haupttreuhänders sollte die strategische Entscheidungskompetenz<br />
einem Generaldirektor übertragen werden, dem ein technischer<br />
und ein k<strong>auf</strong>männischer Fachmann als Kontrollorgane zur<br />
Seite standen. Die Ebene der Hauptabteilungsleiter, die den Rang<br />
von Prokuristen bekleideten, sah folgende Gliederung vor: Technische<br />
Abteilung, Personalabteilung, Eink<strong>auf</strong>sabteilung, Verk<strong>auf</strong>sabteilung,<br />
Finanzabteilung und Betriebswirtschaftliche Abteilung. 142<br />
Die für Januar 1948 avisierte Umsetzung der Organisationsreform<br />
unterblieb, war sie doch für das Board of Control mit der Klärung<br />
einer wichtigen Personalfrage verbunden, die im Dezember 1947<br />
zur Absetzung Münchs als Generaldirektor führen sollte. Dessen<br />
ungeachtet hatte das <strong>Volkswagen</strong>werk, gemessen an der Ausgangs-<br />
48<br />
situation, nicht nur im Hinblick <strong>auf</strong> die Unternehmensorganisation<br />
große Fortschritte gemacht. Auch der Fertigungsprozess hatte<br />
die für einen Marktwettbewerb erforderliche Gestalt angenommen,<br />
während der Belegschafts<strong>auf</strong>bau vor allem wegen der hohen<br />
Fluktuation nicht im gleichen Maße vorangekommen war. Major<br />
Hirst kommentierte die Entwicklung rückblickend mit der Einschätzung,<br />
das <strong>Volkswagen</strong>werk habe Ende 1947 angefangen,<br />
„statt einer Parteigeschäftsstelle ein richtiges gewinnorientiertes<br />
Unternehmen zu werden“. 143<br />
3.2 Die fluktuierende Belegschaft<br />
Das Anfang Juli 1945 anl<strong>auf</strong>ende Produktionsprogramm für die<br />
Briten konfrontierte das <strong>Volkswagen</strong>werk unvermittelt mit dem<br />
Problem fehlender Arbeitskräfte und Unterkünfte. Über notwendige<br />
Sofortmaßnahmen fand am 3. Juli eine Unterredung mit der<br />
Stadtverwaltung statt. Innerhalb einer Woche sollten rund 1.000<br />
Facharbeiter aus anderen Städten der britisch besetzten Zone herbeigeschafft<br />
werden. Ihre Unterbringung in Wolfsburg kam nicht<br />
infrage, weil die vorhandenen Wohnungen entweder von der <strong>britischen</strong><br />
Armee bewohnt oder bereits überbelegt waren. Zur Bereitstellung<br />
von Unterkünften für die neuen Arbeitskräfte hielten es<br />
Werk und Kommune für dringlich, das Lager „Am Hohenstein“<br />
und anschließend das Laagberg-Lager von „Ausländern freizumachen“.<br />
Wenn möglich, sollten diese gänzlich aus dem Stadtgebiet<br />
Wolfsburgs verschwinden, damit die deutschen Beschäftigten ihre<br />
Arbeit „ungestört und unbelästigt durch Fremdländer ausführen<br />
können“. 144