Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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Materielle Fortschritte für die Beschäftigten<br />
Für Einkommensverbesserungen der im <strong>Volkswagen</strong>werk Beschäftigten<br />
bestand bis zur Währungsreform wegen des von den Alliierten<br />
verhängten Lohn- und Preisstopps nur geringer Spielraum.<br />
Diesen nutzte der Betriebsrat für kleine tarifpolitische Fortschritte.<br />
Hierzu zählte etwa die im Sommer ausgehandelte Regelung,<br />
wonach sowohl Jugendlichen unter 21 Jahren als auch Frauen, die<br />
im Akkord arbeiteten, die gleichen Löhne wie erwachsenen männlichen<br />
Akkordarbeitern gezahlt wurden. 208 Im Oktober 1947 genehmigte<br />
das Arbeitsministerium in Hannover die beantragte<br />
Lohnerhöhung für Jugendliche sowie die finanzielle Gleichstellung<br />
der weiblichen Beschäftigten, die Männerarbeit verrichteten.<br />
Einen allgemeinen Lohnzuschlag hingegen lehnte die Behörde ab.<br />
Bei der Besprechung in Hannover zeigte sich, dass der Betriebsrat<br />
im Einvernehmen mit der Werkleitung den Lohnstopp durch Umgruppierungen<br />
unterl<strong>auf</strong>en hatte. Im Vergleich zu den Durchschnittsverdiensten<br />
des Jahres 1946 stellten die Ministerialbeamten<br />
in den Lohngruppen 4 und 5 eine Verschiebung nach oben fest.<br />
Die Behörde tolerierte das, wies aber den Betriebsratsvorsitzenden<br />
Peter warnend dar<strong>auf</strong> hin, dass eine allgemeine Erhöhung der<br />
Löhne gegen den bestehenden Lohnstopp verstoße. 209<br />
Die Aussicht <strong>auf</strong> Einkommenszuwächse bestimmte auch die Haltung<br />
des Betriebsrats zu der im Sommer 1946 eingeleiteten Umstellung<br />
<strong>auf</strong> Gruppenakkord, die sich über mehrere Jahre hinzog.<br />
Das Management argumentierte, dass die Betroffenen im Durchschnitt<br />
eher mehr als weniger verdienen würden. Die Rechnung<br />
der wandel zum marktunternehmen<br />
konnte freilich nur <strong>auf</strong>gehen, wenn durch den Akkord tatsächlich<br />
weniger Arbeiter mehr produzierten. Der Betriebsrat lehnte die<br />
Einführung nicht generell ab und erklärte sich bereit, die Beschäftigten<br />
mit dem Prinzip des Gruppenakkords bekannt zu machen.<br />
Er gab aber zu bedenken, dass in bestimmten Abteilungen Einzelakkorde<br />
eher zu einer Produktionserhöhung führen würden. 210<br />
Außerdem sah die Arbeitnehmervertretung im Gruppenakkord<br />
mögliche Ungerechtigkeiten, weil „für einen schlecht arbeitenden<br />
Mann alle anderen büßen“ müssten. Brörmann hielt dies für ein<br />
vorübergehendes Problem und hob die „Ausmerzung der schlecht<br />
arbeitenden Leute“ durch die Belegschaft selbst als einen höchst<br />
willkommenen Nebeneffekt der gruppenbezogenen Leistungsentlohnung<br />
hervor. 211<br />
Nicht Lohnerhöhungen, sondern die Verhinderung von Einkommenseinbußen<br />
waren ein wichtiges Motiv des Betriebrats, wenn er<br />
die Werkleitung bei der Umsetzung von Arbeitskräften aus unproduktiven<br />
in produktive Abteilungen unterstützte. 212 Für das Management<br />
zielte die arbeitsorganisatorische Maßnahme vor allem<br />
<strong>auf</strong> Kostensenkung ab, während die Arbeitnehmervertretung hierin<br />
eine Möglichkeit sah, die Beschäftigten entsprechend ihrer beruflichen<br />
Qualifikation einzusetzen. Die Werkleitung wurde angehalten,<br />
möglichst jeden Mann an den richtigen Platz zu stellen,<br />
wobei der Betriebsrat dar<strong>auf</strong> drängte, dass die Umsetzung nicht zu<br />
Lohnausfällen führen dürfe. 213 Schätzungsweise 400 Beschäftigte<br />
in den produktiven Abteilungen standen an einem Arbeitsplatz,<br />
der ihrer Qualifikation nicht entsprach, und leisteten niederwerti-<br />
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