Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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der wandel zum marktunternehmen<br />
aus und belastete den gesamten Betriebsrat. Subtrahiert man die<br />
persönlichen Motive in der Auseinandersetzung, dann bleibt eine<br />
Grauzone, in der die Grenzen zwischen Kooperation und Korruption<br />
anscheinend fließend waren. Für Peter rückte der Sozialdemokrat<br />
Ernst Rahm in die Position des Vorsitzenden <strong>auf</strong>. Zu seinem<br />
Stellvertreter wurde Helmut Hillebrecht gewählt, Mitbegründer<br />
der SRP, die 1952 als verfassungswidrig verboten wurde. Seinen<br />
Tiefpunkt erlebte der unter Korruptionsverdacht geratene Betriebsrat<br />
in der Betriebsversammlung am 23. Dezember 1949, als<br />
ihm die Anwesenden <strong>auf</strong> Antrag eines rechtsradikalen Sprechers<br />
das Misstrauen aussprachen. 232<br />
Die Absetzung der Arbeitnehmervertretung stand am Ende einer<br />
Entwicklung, die 1948 mit dem Führungswechsel zu Nordhoff und<br />
dem wachsenden Einfluss rechtsextremer Gruppierungen begonnen<br />
hatte. Der seitdem schwindende Rückhalt in der Belegschaft<br />
verengte die Spielräume für eine selbstbewusste, die Mitbestimmungsrechte<br />
offensiv nutzende Interessenvertretung, obwohl die<br />
Betriebsvereinbarung die Möglichkeit hierzu bot. Dass die Arbeitsbeziehungen<br />
unter Nordhoff in eine „Spielart des industriellen<br />
Feudalismus“ zurückfielen, lag aber nicht zuletzt an der fehlenden<br />
Konfliktbereitschaft des Betriebsrats, der sich in die vom paternalistischen<br />
Führungsstil vorgegebene Rolle einfügte. 233 Für die<br />
meisten Betriebsratsmitglieder war Nordhoff unantastbar. Der<br />
offene Konfrontationskurs, den der 1949 vom IG Metall-Hauptvorstand<br />
nach Wolfsburg entsandte Gewerkschaftssekretär Sührig gegen<br />
den Generaldirektor fuhr, stieß bei ihnen <strong>auf</strong> Ablehnung und<br />
74<br />
führte im Nachgang zu Loyalitätserklärungen gegenüber Nordhoff.<br />
Dabei zeigte sich, wie in den industriellen Beziehungen des Wolfsburger<br />
Unternehmens die Betriebsgemeinschaftsidee fortlebte. 234<br />
Erst unter dem Sozialdemokraten und Gewerkschafter Hugo Bork,<br />
der 1951 den Betriebsratsvorsitz übernahm, definierte die Arbeitnehmervertretung<br />
ihre Rolle neu und betrieb eine offensive Verteilungspolitik,<br />
während wachsender Wohlstand den materiellen<br />
Boden zur allgemeinen Durchsetzung demokratischer Prinzipien<br />
in der <strong>Volkswagen</strong> Belegschaft bereitete. 235<br />
3.4 Die unstete Produktion<br />
Material- und Arbeitskräftemangel begrenzte in den Jahren<br />
1946/47 das Produktionsvolumen des <strong>Volkswagen</strong>werks, weshalb<br />
der Ausstoß trotz britischer Unterstützung und größter Anstrengungen<br />
seitens der Werkleitung <strong>auf</strong> dem Niveau von 1.000 Fahrzeugen<br />
monatlich blieb. Gleichwohl fuhr die im Dezember 1945<br />
angel<strong>auf</strong>ene Serienproduktion rasch hoch. Anfang Februar 1946<br />
wurde die Fertigung vom Typ 51 <strong>auf</strong> die Limousine mit normalem<br />
Chassis umgestellt. Im März feierte die Belegschaft zusammen<br />
mit den Werksoffizieren den Bandabl<strong>auf</strong> der eintausendsten<br />
<strong>Volkswagen</strong> Limousine. 236 Zudem erreichte die Produktion in diesem<br />
Monat erstmals die befohlene Menge von 1.000 Fahrzeugen.<br />
Das rapide Wachstum der Stückzahlen schürte bei den <strong>britischen</strong><br />
Treuhändern Optimismus, der sich im Mai 1946 in der Vorgabe<br />
niederschlug, bis Jahresende die Produktion schrittweise <strong>auf</strong><br />
2.500 Fahrzeuge zu erhöhen. Dafür stellten die Briten ein monatliches<br />
Kontingent von 1.500 Fahrzeugen für den Export in Aussicht.<br />
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