Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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Aufbau und Anl<strong>auf</strong> der Serienfertigung standen im Zeichen einer<br />
rein bedarfsorientierten Produktion für die britische Militärregierung.<br />
Die Produktqualität und Wirtschaftlichkeit der Fabrik waren<br />
zunächst zweitrangige Faktoren und traten hinter den Anstrengungen<br />
zurück, die Serienfertigung hochzufahren. Nach Stabilisierung<br />
des Produktionsniveaus bei 1.000 Fahrzeugen monatlich stiegen<br />
die Anforderungen der Treuhänder im Frühjahr 1946, als die<br />
kommerzielle Verwendung der <strong>Volkswagen</strong> Limousine für den Export<br />
in den Blick rückte. Von da an drängten die Briten beharrlich<br />
<strong>auf</strong> Qualitätsverbesserungen, Kostensenkungen und Produktionssteigerungen,<br />
um den <strong>Volkswagen</strong> <strong>auf</strong> dem europäischen Markt<br />
abzusetzen und durch die Exporterlöse vor allem die Nahrungsmittelimporte<br />
zu finanzieren. Die <strong>britischen</strong> Exportpläne gaben dem<br />
Unternehmen den entscheidenden Veränderungsimpuls. Sie verhalfen<br />
der betrieblichen Rationalität zum Durchbruch und stießen<br />
den Wandel zum Marktunternehmen an, den das <strong>Volkswagen</strong>werk<br />
im Wesentlichen in den Jahren 1946/47 vollzog. Grundlegend<br />
dafür war die Herstellung des durch Verlagerung und Kriegsschäden<br />
inkohärenten Produktionsprozesses und die Rationalisierung<br />
von Betriebsabläufen, die Neugestaltung der Organisationsstruktur<br />
sowie der Aufbau einer Stammbelegschaft.<br />
Die Umstellung des <strong>Volkswagen</strong>werks <strong>auf</strong> den Marktwettbewerb erfolgte<br />
unter der Aufsicht und Weisung des Board of Control, das im<br />
Januar 1946 seine Arbeit <strong>auf</strong>nahm. Dabei erwies sich als großer<br />
Vorteil, dass in der Mechanical Engineering Branch automobiltechnischer<br />
Sachverstand vorhanden und der für die technischen<br />
der wandel zum marktunternehmen<br />
Angelegenheiten des Volkwagenwerks zuständige Radclyffe <strong>auf</strong><br />
internationalem Parkett als Automobilfachmann tätig gewesen<br />
war. 104 Grundsätzliche Entscheidungen des Unternehmens<br />
wurden im Board getroffen, das in Absprache mit der deutschen<br />
Werkleitung und unter Berücksichtigung der Material- und<br />
Arbeitskräfteengpässe auch das Produktionsprogramm des<br />
<strong>Volkswagen</strong>werks festlegte und peinlich genau <strong>auf</strong> die Erfüllung<br />
der Lieferverpflichtungen für die Alliierten achtete. Im Zweifelsfall<br />
hatte die Mandatory-Produktion Vorrang. Dieser Grundsatz<br />
sorgte 1947 <strong>auf</strong>grund der sich zuspitzenden Materialkrise<br />
punktuell für Konflikte zwischen Deutschen und Briten.<br />
Abgesehen davon funktionierte die Zusammenarbeit auch deshalb<br />
reibungslos, weil die Briten <strong>auf</strong> Kooperation und Arbeitsteilung<br />
setzten, womit sie der Logik betrieblicher Abläufe Rechnung trugen.<br />
Bei der technisch-organisatorischen Neuordnung ließen sie<br />
dem deutschen Management weitgehend freie Hand. Auch die<br />
Verantwortung für den Belegschafts<strong>auf</strong>bau, die durch eine Genehmigungspflicht<br />
für Entlassungen vorübergehend eingeschränkt<br />
worden war, ging 1946 wieder in die Zuständigkeit der Personalabteilung<br />
über. Wenn Probleme <strong>auf</strong>tauchten, waren die <strong>britischen</strong><br />
Treuhänder zur Stelle und unterstützten den Unternehmens<strong>auf</strong>bau<br />
im Rahmen ihrer Möglichkeiten durch die Beschaffung fehlender<br />
Betriebsmittel und Arbeitskräfte oder durch Improvisation.<br />
105 Vor allem der technik- und autobegeisterte Hirst, der nach<br />
Erteilung des Produktions<strong>auf</strong>trags in die Rolle eines Automobilmanagers<br />
hineinwuchs und seine Aufgabe mit großem Ehrgeiz ver-<br />
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