Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das Anfang Juli 1945 den Abteilungsleitern bekannt gegebene Produktionsprogramm<br />
umfasste die Reparatur von englischen Militärfahrzeugen<br />
und Motoren sowie den Bau von Kübelwagen vom<br />
Typ 82, Liefer- und Postwagen, Traktoren vom Typ 113 und Lieferwagen-Anhängern.<br />
32 Doch diese Fertigungsprojekte waren keine<br />
Option <strong>auf</strong> die Zukunft, sondern eine Produktion <strong>auf</strong> Zeit, wie die<br />
Ergebnisse der Potsdamer Konferenz Anfang August 1945 zeigten.<br />
Die dort von den Siegermächten USA, Großbritannien und UdSSR<br />
beschlossene Deutschlandpolitik verfolgte das Kernziel, einen erneuten<br />
von Deutschland ausgehenden Angriffskrieg ein für allemal<br />
zu unterbinden. Demilitarisierung, Denazifizierung, Dezentralisierung<br />
und Demokratisierung bezeichnen schlagwortartig die<br />
besatzungspolitischen Grundsätze der Alliierten, die der Zerschlagung<br />
der deutschen Rüstungswirtschaft oberste Priorität einräumten<br />
und eine drastische Beschneidung der Industriekapazitäten<br />
durch Demontage vorsahen. 33 Davon war auch das <strong>Volkswagen</strong>werk<br />
betroffen, hatte es doch in Friedenszeiten keinen Beitrag zur<br />
deutschen Wirtschaft geleistet. Selbst die britische Militärregierung<br />
rechnete zunächst fest damit, dass die CCG das <strong>Volkswagen</strong>werk<br />
für Reparationszwecke heranziehen und nach einer Übergangsphase<br />
zur Demontage frei geben würde. 34<br />
das glück der besiegten<br />
Grundzüge britischer Besatzungspolitik<br />
Gleichwohl war es ein Glücksfall, dass die Treuhandverwaltung des<br />
Unternehmens in den Händen der Briten lag. Deren Deutschlandpolitik<br />
reagierte pragmatisch <strong>auf</strong> sich verändernde politische Rahmenbedingungen,<br />
unterlag aber bestimmten Prämissen und war<br />
durch widersprüchliche Zielsetzungen geprägt. 35 Zwar besaß die<br />
militärische Sicherheit in den politisch-strategischen Diskussionen<br />
und Beschlüssen des Kriegskabinetts jederzeit Priorität, weshalb<br />
die Abrüstung und territoriale Verkleinerung des Deutschen<br />
Reichs Schwerpunkte der frühen Deutschlandplanungen bildeten.<br />
36 Eine zu weitgehend Schwächung widersprach indes dem im<br />
eigenen Interesse angestrebten wirtschaftlichen Wieder<strong>auf</strong>bau<br />
Europas, für den das industrielle Potenzial Deutschlands dringend<br />
benötigt wurde. 37 Schon vor Kriegsende war klar, dass ein drastischer<br />
Abbau der industriellen Ressourcen und eine Schrumpfung<br />
der Schwerindustrie in Deutschland einen hohen ökonomischen<br />
Preis von dem am Rande des Staatsruins stehenden Königreichs<br />
fordern würde. Stattdessen verlangte die durch Weltwirtschaftskrise<br />
und Krieg geschwächte Wirtschaft Großbritanniens aus zweierlei<br />
Gründen nach einigermaßen stabilen ökonomischen Verhältnissen<br />
im Nachbarland: Nur wenn Deutschland genug für den<br />
Export produzierte, konnten die Kosten für die Existenzsicherung<br />
der Bevölkerung in der <strong>britischen</strong> Zone reduziert werden. Darüber<br />
hinaus eröffnete die Rekonstruktion der deutschen Wirtschaft den<br />
Briten langfristig die Möglichkeit, ihre Waren <strong>auf</strong> dem deutschen<br />
Markt abzusetzen. 38<br />
15