Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
5.1 Der neue Generaldirektor<br />
Die Bildung einer Geschäftsführung im August 1947 war für die<br />
Treuhänder mit der Regelung einer wichtigen Personalfrage verbunden,<br />
bevor sie den geordneten Rückzug antreten konnten. Da<br />
die Briten für 1948 einen erheblich absinkenden Fahrzeugbedarf<br />
der Alliierten erwarteten und zugleich eine Produktionssteigerung<br />
anstrebten, standen rein rechnerisch beträchtliche Kapazitäten<br />
für eine Ausweitung der Exporte und der Belieferung des Inlandmarkts<br />
zur Verfügung. Die damit wachsenden Anforderungen an<br />
die Geschäftführung des Unternehmens verlangten nach einem<br />
„first class technical General Manager“, wie Radclyffe in einem<br />
Schreiben Mitte Oktober 1947 ausführte. 382 Der Industrieanwalt<br />
Münch war aus britischer Sicht der neuen Aufgabe nicht gewachsen.<br />
In juristischen und finanziellen Angelegenheiten ein guter<br />
Geschäftsführer, besaß er laut Hirst zu wenig technischen Sachverstand,<br />
um die Probleme eines großen Automobilunternehmens<br />
bewältigen zu können. Zur Unterstützung des Generaldirektors<br />
hatte Hirst dem Board of Control empfohlen, sich nach einem<br />
technisch versierten Fachmann umzusehen. 383<br />
Dies war die Stunde Heinrich Nordhoffs, der sowohl über Führungsqualitäten<br />
als auch über Erfahrungen in der automobilen<br />
Massenproduktion verfügte. 1899 in einem bürgerlich-katholischen<br />
Elternhaus geboren, gehörte der studierte Maschinenbauingenieur<br />
zur Generation wissenschaftlich ausgebildeter Manager,<br />
die sich in der Weimarer Republik in die Leitungsebenen der Unternehmen<br />
hin<strong>auf</strong>gearbeitet hatten. Als Leiter der Technischen<br />
Abteilung des Kundendienstes trat Nordhoff 1929 in den Dienst<br />
der General-Motors-Tochter Adam Opel AG in Rüsselsheim. Dort<br />
der letzte schritt zur pole-position<br />
stieg er zum technischen Berater der Verk<strong>auf</strong>sleitung <strong>auf</strong>, bevor er<br />
Ende Juni 1942 zum Betriebsführer des Lkw-Werks in Brandenburg<br />
ernannt wurde. Als Chef des Berliner Behördenbüros von<br />
Opel und als Leiter des Sonderausschusses Dreitonner im Hauptausschuss<br />
Kraftfahrzeuge stand Nordhoff in Kontakt mit den Entscheidungsträgern<br />
in Partei, Wehrmacht und Ministerien. Weil<br />
Nordhoff den Rang eines Wehrwirtschaftsführers bekleidet hatte,<br />
wurde er gemäß den in der amerikanischen Besatzungszone geltenden<br />
Entnazifizierungsrichtlinien entlassen, obwohl er kein<br />
Mitglied der NSDAP gewesen war. 384<br />
Ab Ende 1946 arbeitslos, nahm Nordhoff eine Stellung als Kundendienstleiter<br />
bei der Opel-Generalvertretung Dello & Co. in Hamburg<br />
an. Über den ehemaligen Opel-Händler Eduard Winter kam<br />
im Herbst 1947 vermutlich der Kontakt zu Hirst zustande, der<br />
Nordhoff zu einem Gespräch nach Wolfsburg einlud. Sichtlich beeindruckt<br />
von dessen Auftreten, gab Hirst seinen ursprünglichen<br />
Plan <strong>auf</strong> und schlug den Opel-Mann als Generaldirektor vor. Ein<br />
Gespräch mit Radclyffe verschaffte Nordhoff einen zweiten Gönner,<br />
der gemeinsam mit Hirst die Absetzung Münchs vorbereitete.<br />
Am 7. November 1947 bestellte das Board of Control Nordhoff zum<br />
Generaldirektor, verbunden mit der Aufforderung, seinen Posten<br />
so bald als möglich anzutreten. 385<br />
Von der Entscheidung erfuhr Münch vorerst nichts. Er hatte den<br />
neuen Mann in das Unternehmen eingeführt und mit ihm während<br />
dieser Zeit eine „freundschaftliche und harmonische Zusammenarbeit“<br />
gepflegt. Im Hinblick <strong>auf</strong> die künftige Unternehmensorganisation<br />
hatten beide vereinbart, eine aus Münch, Nordhoff und<br />
121