Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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2.1 Vom Rüstungs- zum Regiebetrieb<br />
Panzeralarm in den Abendstunden des 10. April 1945 kündigte in<br />
der bei Fallersleben errichteten „Stadt des KdF-Wagen“ ein demokratisches<br />
Zeitalter an. Im <strong>Volkswagen</strong>werk standen die Bänder<br />
still; ein quälendes Warten begann. Bei Tagesanbruch durchquerten<br />
amerikanische Truppen die Lagerstadt, setzten über den Mittellandkanal<br />
und ließen eine kleine Panzereinheit zur Nachschubsicherung<br />
in Fallersleben zurück. Niemand hatte Widerstand<br />
geleistet. Die SS war längst abgezogen, der Volkssturm nach Tangermünde<br />
unterwegs. Im entstandenen Machtvakuum machten<br />
ehemalige Zwangsarbeiter ihrer Verbitterung Luft, und die Wut <strong>auf</strong><br />
ihre einstigen Unterdrücker entlud sich. Vereinzelte Plünderungen<br />
und drohende Übergriffe gegen die Bevölkerung veranlassten<br />
einige Sprachkundige, die nahe gelegenen US-Truppen um Hilfe<br />
zu bitten. Am 11. April 1945 wurden das <strong>Volkswagen</strong>werk und die<br />
später Wolfsburg genannte Stadt besetzt. In den rechtsfreien Raum<br />
kehrte Ordnung ein. 23<br />
Noch vor der Kapitulation des Deutschen Reiches am 8./9. Mai<br />
1945 begannen amerikanische Einheiten, im <strong>Volkswagen</strong>werk<br />
einen Reparaturbetrieb für ihre Fahrzeuge einzurichten. Sie<br />
trafen dort <strong>auf</strong> ein aus ehemaligen Abteilungsleitern gebildetes<br />
Leitungsgremium und betrauten <strong>auf</strong> Empfehlung des von ihnen<br />
eingesetzten Magistrats den früheren Inspektionschef Rudolf<br />
Brörmann mit dem Posten des Werkleiters. 24 Dank seiner überzeugenden<br />
Fürsprache gingen die US-Truppen dazu über, aus den<br />
noch vorhandenen Einzelteilen Kübelwagen für ihren Mobilitäts-<br />
das glück der besiegten<br />
bedarf montieren zu lassen. Der <strong>Befehl</strong> zur Wieder<strong>auf</strong>nahme der<br />
Autoproduktion war die vielleicht wichtigste Maßnahme der Amerikaner.<br />
Ansonsten wäre das <strong>Volkswagen</strong>werk vermutlich als herrenloses<br />
Gut behandelt und auch von deutscher Seite mehr oder<br />
weniger ausgeschlachtet worden. So aber begann im Mai 1945 die<br />
Produktion für die US-Armee, an die insgesamt 133 unter behelfsmäßigen<br />
Bedingungen gebaute Kübelwagen ausgeliefert wurden. 25<br />
Über die weiteren Absichten informierte die am 14. Mai an den<br />
Presseoffizier der US-Streitkräfte geschickte Bekanntmachung mit<br />
folgendem Wortlaut: „By order of the Allied Military Government,<br />
the <strong>Volkswagen</strong>werk at Fallersleben has resumed production and<br />
10 vehicles of the well-known Jeep type (Kübelsitzer) are leaving the<br />
line every day. Production will be increased shortly. It is planned to<br />
take up manufacture of the passenger car type as soon as possible.<br />
The cars are destined for the occupation army and, at a later date,<br />
for German administrative authorities and private owners”. 26<br />
Das Werk der Briten<br />
Doch dazu kam es nicht. Das ebenso kurze wie lebenswichtige Intermezzo<br />
unter amerikanischer Besatzung endete, als die Region<br />
zur <strong>britischen</strong> Besatzungszone wurde. Im Juni 1945 ging die Zuständigkeit<br />
für das <strong>Volkswagen</strong>werk <strong>auf</strong> die Control Commission<br />
for Germany, British Element (CCG-BE) über, die das ehemalige<br />
Unternehmen der Deutschen Arbeitsfront gemäß Kontrollratsgesetz<br />
Nr. 52 beschlagnahmte. Bis zur endgültigen Entscheidung der<br />
Alliierten über den Besitz früherer Nazi-Organisationen wurde es<br />
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