Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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das glück der besiegten<br />
Die britische Ära im <strong>Volkswagen</strong>werk begann mit der Ankunft von<br />
REME-Einheiten im Juni 1945. Auf <strong>Befehl</strong> von Colonel Michael A.<br />
McEvoy vom REME-Hauptquartier in Bad Oeynhausen errichteten<br />
die Royal Engineers im ehemaligen Rüstungsunternehmen eine<br />
große Werkstatt mit angeschlossenem Ersatzteillager, wo im Oktober<br />
1945 etwa acht Prozent der deutschen Belegschaft beschäftigt<br />
waren. Hier wurden britische Armeefahrzeuge repariert und Motoren<br />
überholt, aber auch die für deutsche Transportunternehmen<br />
bestimmten Lkw der Wehrmacht in Stand gesetzt. 29 Die REME-<br />
Offiziere verschafften sich noch im Juni 1945 einen genauen Überblick<br />
über die Kriegszerstörungen, Produktionsmöglichkeiten und<br />
ausgelagerten Betriebe des <strong>Volkswagen</strong>werks, denn die alliierten<br />
Luftangriffe hatten dem ersten Augenschein nach beträchtliche<br />
Schäden an den Werksgebäuden angerichtet. Der von der Werkleitung<br />
angeforderte Bericht zeichnete indes ein ermutigendes Bild.<br />
Die Bombardements hatten die technische Substanz der Fabrik<br />
nicht nennenswert getroffen und von den vier Werkshallen nur die<br />
Halle 3 größtenteils zerstört. Insgesamt 20 Prozent der Fabrikgebäude<br />
waren unbrauchbar für die Produktion, weitere 14 Prozent<br />
beschädigt. Der in Reaktion <strong>auf</strong> die alliierten Luftangriffe zum Teil<br />
ausgelagerte Maschinenpark war weitgehend intakt. Die Maschinenverluste<br />
betrugen lediglich 8 Prozent, 11 Prozent der Maschinenausstattung<br />
wiesen reparierbare Schäden <strong>auf</strong>, so dass die<br />
REME-Offiziere in Absprache mit der Werkleitung am 23. Juni<br />
1945 erste Produktionspläne fassten. 30<br />
14<br />
Aus den vorhandenen Lagerbeständen konnten noch rund 500<br />
Kübelwagen gefertigt werden. 86 Fahrzeuge dieses Typs standen<br />
zur Auslieferung bereit, allerdings ohne Reifen und Schläuche.<br />
Die Royal Engineers bestimmten, noch 30 Kübelwagen zu bauen,<br />
da hierfür die Karossen schon fast fertig gestellt waren. Danach<br />
sollte die Produktion <strong>auf</strong> Halbtonnen-Lieferwagen umgestellt werden.<br />
Die Werkleitung schlug vor, in den Monaten Juli und August<br />
1945 je 250 Stück zu liefern, was einem täglichen Ausstoß von<br />
10 Lieferwagen gleichkam. Projektiert war ferner die Produktion<br />
eines passenden Anhängers und eines „road tractors“, weshalb<br />
sich das Konstruktionsbüro daran machte, aus dem Fahrgestell des<br />
Kübelwagens eine Zugmaschine zu entwickeln. Wegen der angespannten<br />
Ernährungssituation stieß auch der von Ferdinand Porsche<br />
konstruierte „Volkspflug“ <strong>auf</strong> britisches Interesse. Von diesem<br />
Modell waren während des Krieges 50 Versuchsfahrzeuge gebaut<br />
worden. Obwohl der Volkspflug nach Ansicht der Werkleitung <strong>auf</strong><br />
„allen Bodenarten Deutschlands“ erprobt und „absolut serienreif“<br />
war, ließ sich dieses Projekt schwerlich weiterverfolgen. Denn<br />
die Einzelteile fertigte eine italienische Firma in Brescia, und alle<br />
Konstruktionszeichnungen lagen bei der Porsche KG in Stuttgart. 31