Spurwechsel auf britischen Befehl. - Volkswagen Konzern
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das glück der besiegten<br />
Eine Vorentscheidung in der Demontagefrage fiel schließlich<br />
durch die zwischen den Briten und Amerikanern im Sommer 1946<br />
anl<strong>auf</strong>enden Verhandlungen zur Fusion ihrer Besatzungszonen.<br />
Inzwischen hatte auch die US-Militärregierung den raschen wirtschaftlichen<br />
Wieder<strong>auf</strong>bau Deutschlands als dringlich erkannt<br />
und im Mai 1946 einen Demontagestopp in ihrer Zone angeordnet.<br />
Damit wurden im <strong>britischen</strong> und amerikanischen Besatzungsgebiet<br />
die Weichen für eine ökonomische Rekonstruktion gestellt. 64<br />
Im September 1946 nahm die britische Militärregierung das<br />
<strong>Volkswagen</strong>werk für vier Jahre von Reparationszwecken aus. Nach<br />
Errichtung der Bizone revidierte die Bipartite Control im März<br />
1947 den Industrieniveauplan und hob die zulässige deutsche<br />
Pkw-Produktion <strong>auf</strong> 160.000 Fahrzeuge an. 65 Das Überleben des<br />
Unternehmens am Mittellandkanal war gesichert.<br />
2.2 Der improvisierte Neuanfang<br />
„In der ersten Zeit war kein Stahlblech erhältlich, dessen Größe für<br />
das Fahrzeugdach ausgereicht hätte. Kleinere Bleche wurden punktgeschweißt,<br />
aber die Schweißnaht war nicht stabil genug. Ich schlug<br />
Stumpfstoßschweißen vor, aber man sagte mir: Dafür haben wir<br />
nicht die erforderliche Maschine, wor<strong>auf</strong> ich antwortete: Stellen sie<br />
eine her! Das wurde gemacht.“ 66 Anekdoten wie diese von Hirst erinnerte<br />
sind zahlreich und zeigen besser als jede Produktionsstatistik,<br />
welch hohes Maß an Improvisation erforderlich war, um die<br />
Serienfertigung der <strong>Volkswagen</strong> Limousine in Gang zu setzen. Von<br />
dem intern als Typ 11 geführten Modell hatte das 1939/40 <strong>auf</strong> Rüs-<br />
24<br />
tungsfertigung umgestellte Unternehmen während des Krieges nur<br />
630 Exemplare gebaut, bevor in Reaktion <strong>auf</strong> die schweren Bombenangriffe<br />
vom Sommer 1944 die Verlagerung von Maschinen<br />
und damit die Auflösung des Produktionsprozesses einsetzte. Mit<br />
Ausnahme der Kübel- und Schwimmwagenherstellung hatte die<br />
Werkleitung die kriegswichtigen Fertigungen in die Untertagebetriebe<br />
bei Tiercelet, Dernau und Eschershausen oder in die Zweigbetriebe<br />
Neudek und Schönebeck verlagert. Aber auch die Fertigung<br />
von Fahrzeugteilen war größtenteils in eine Vielzahl von<br />
kleineren Verlagerungsstätten im Umland verlegt worden, so dass<br />
in den letzten Kriegsmonaten die Materialzufuhr durch Lkw oder<br />
Transportkolonnen mit Rucksäcken erfolgte und die nach fordistischem<br />
Muster errichtete Fabrik „gleichsam <strong>auf</strong> das Niveau vorindustrieller<br />
handwerklicher Produktionsweisen“ zurückfiel. 67 Für<br />
das <strong>Volkswagen</strong>werk kam der von den Briten forcierte Aufbau der<br />
Serienproduktion somit einem Neuanfang gleich, der sich unter<br />
den widrigen Bedingungen der unmittelbaren Nachkriegszeit als<br />
schwierige Aufgabe erwies. Die einzelnen Abteilungen mussten<br />
<strong>auf</strong> die Fertigung der Limousine ausgerichtet, neue Vorrichtungen<br />
und Werkzeuge hergestellt und die verlagerten Betriebsteile in die<br />
Fabrik zurückgeführt werden.<br />
Das System der Nahverlagerung verschaffte dem <strong>Volkswagen</strong>werk<br />
eine gute Ausgangsposition. Der durch die alliierten Luftangriffe<br />
verursachte Verlust an der technischen Substanz war gering, so<br />
dass <strong>auf</strong> <strong>britischen</strong> <strong>Befehl</strong> der größte Teil der Maschinen und Anlagen,<br />
wenn auch mit zum Teil beträchtlichen Verzögerungen, ins