Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Philosophie 707<br />
seine Resultate als Produkte einer spezifisch menschlichen Tätigkeit"<br />
bestimmen (64). „Dieser Determiniertheit unterliegen vor allem<br />
solche Seiten des Erkenntnisprozesses wie Zielstellung, Problemauswahl,<br />
Erkenntnisbedürfnis, Niveau des Erkenntnisvermögens, Distribution<br />
und Nutzung der Erkenntnisse, Verhältnis von gesellschaftlichem<br />
und individuellem Erkenntnisprozeß u. a." (64). Diese Determiniertheit<br />
betrifft nicht nur die gesellschaftliche Form, in der der<br />
Erkenntnisprozeß abläuft, sowie die Nutzung der Erkenntnis, sondern<br />
auch die Inhalte der Widerspiegelungsprodukte. Hier stellt<br />
sich die Frage nach dem Verhältnis von „Erkenntnis und Ideologie"<br />
(Aufsatz von H. Schliwa), weil hier die Grundlage für den Klassencharakter<br />
der Erkenntnis zu finden ist. Als Ideologie bezeichnet<br />
Schliwa, entgegen einer Reduzierung auf falsches Bewußtsein, im<br />
„wesentlichen jene Teilklasse der praktisch-geistigen Aneignung und<br />
ihre Resultate ..., die impliziter bzw. expliziter Ausdruck von<br />
Klasseninteressen bzw. des sozialistischen Gesamtsubjekts sind und<br />
die auf das gesellschaftlich bedeutsame Handeln der Klassen und<br />
Klassenindividuen gerichtet" sind (110). Der Zusammenhang von<br />
Ideologie und Erkenntnis äußert sich in der Tatsache, daß „die Interessen<br />
der Arbeiterklasse eine wissenschaftliche Begründimg der<br />
Ideen erfordern und damit die Möglichkeit ihrer Realisation schaffen"<br />
(114).<br />
Ein weiterer Teil der Aufsätze beschäftigt sich mit dem Verhältnis<br />
von Dialektik, Logik und Erkenntnistheorie. So zeigt Gößler, daß<br />
aus der Analogie der doppelten Determiniertheit des Erkenntnisprozesses<br />
und der doppelten Determiniertheit des Arbeitsprozesses<br />
wichtige Schlußfolgerungen für die sozialökonomische Determiniertheit<br />
des Erkenntnisprozesses zu ziehen sind. „Wie die politische<br />
Ökonomie die Produktionsweise der materiellen gesellschaftlichen<br />
Produktion erforscht, untersucht die Erkenntnistheorie die Produktionsweise<br />
der ideellen gesellschaftlichen Produktion" (XLIII). Daß<br />
die Analogie Arbeitsprozeß-Erkenntnisprozeß Grenzen hat, bemerkt<br />
Gößler (65), und Kumpf zeigt diese genauer auf in seinem Aufsatz<br />
„Zur Gegenstandsbestimmung der dialektischen Logik". In diesem<br />
Beitrag geht es vor allem um das Verhältnis von dialektischer Logik<br />
und Dialektik. Es handelt sich hier „letztlich um das Verhältnis der<br />
Gesetze und Strukturen des menschlichen Denkens zu denen der<br />
objektiven Realität" (235). Kumpf behandelt hier unter anderem die<br />
Frage, wie die von Lenin begründete Auffassung vom Zusammenfallen<br />
von Dialektik, Logik und Erkenntnistheorie zu verstehen sei.<br />
Er widerspricht der Auffassung P. V. Kopnins (vgl. dessen Aufsatz:<br />
„<strong>Das</strong> Zusammenfallen von Dialektik, Logik und Erkenntnistheorie"):<br />
„Die Idee der Identität von Dialektik, Logik und Erkenntnistheorie<br />
besitzt nicht nur partiellen, sondern allgemeinen Charakter" (215).<br />
Die Kritik Kumpfs an Kopnin (vgl. 236 ff.) mag als Beispiel dafür<br />
stehen, daß hier nicht dogmatisch fixierte Lehrgebäude dargestellt<br />
werden, sondern daß diese Aufsätze Beiträge sind zu einer sich in<br />
den sozialistischen Staaten differenziert entwickelnden erkenntnistheoretischen<br />
Forschung. Sie sind zugleich Beiträge zur ideologischen<br />
DAS ARGUMENT 92/1975 ©