Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Wider den bloß verbalen Materialismus 669<br />
nisbeziehung in ihrer abstrakten Selbständigkeit aufgehoben ist. Es<br />
scheint mir nicht ohne weiteres auf der Hand zu liegen, daß Zimmermann,<br />
wie Meyer-Ingwersen es sieht, „wo er von .historischem<br />
Materialismus' spricht, nichts anderes im Sinn hat als das neopositivistische<br />
Geschwätz von ,Scheinfragen', ,sinnnlosen Problemstellungen<br />
der klassischen Erkenntnistheorie' etc" 40 .<br />
Wenn Zimmermann sich in seiner Erwiderung auf eine genauere<br />
Interpretation der Passagen vor allem der Feuerbach-Thesen und der<br />
Deutschen Ideologie einläßt, in denen von der Relevanz der Praxis<br />
für die Gewinnung von Erkenntnis die Rede ist, so ist das für den<br />
Fortgang dieser Diskussion in mehrfacher Weise dienlich. Die aus<br />
diesem Anlaß wieder einmal zitierten und in erkenntnistheoretischem<br />
Zusammenhang interpretierten Stellen sind in der Tat zentral<br />
für die Begründung des dialektischen im Gegensatz zum metaphysischen<br />
Materialismus und sind in dieser Bedeutung in der breiten<br />
Literatur zu wenig gewürdigt worden; ja, ihre Interpretation scheint<br />
geradezu das Vorrecht derer zu sein, die eine Verallgemeinerung der<br />
materialistischen Dialektik zum Dialektischen Materialismus bekämpfen.<br />
Solange die Anhänger des Dialektischen Materialismus<br />
ihnen auf jenes Gebiet nicht folgen, haben sie die Schlüsselstellung<br />
zu ihrer eignen Position aus der Hand gegeben. Was den inneren<br />
Zusammenhalt, die Schlüssigkeit von Zimmermanns eigner Position<br />
angeht, so muß sich zeigen, ob ihm die Vereinigung von Marx und<br />
Wittgenstein gelingt oder ob sein Weg ihn von einem der beiden<br />
wegführt.<br />
Erinnern wir uns an Zimmermanns Problem: er muß versuchen,<br />
aus seinem Zitatmaterial eine Auffassung herauszulesen, die seine<br />
Idee von der Letztgegebenheit einer Grundumgangssprache, die nicht<br />
weiter ableitbar ist, mindestens gleich fundamental wie Arbeit, wenn<br />
nicht sogar diese umgreifend, als mit der von Marx und Engels übereinstimmend<br />
ausweist. <strong>Das</strong> Ergebnis vorweg: er findet die Auffassung,<br />
daß die materielle Produktion des Lebens „eine Grundbedingung<br />
aller Geschichte" ist 41 . Sie ist es in zweifacher Hinsicht (Zimmermann<br />
verfolgt diese beiden Seiten allerdings nicht): als eine<br />
Form materieller Lebensproduktion muß das genetisch Erste der<br />
menschlichen Entwicklung aufgesucht werden; und sie ist etwas, das<br />
„noch heute, wie vor Jahrtausenden, täglich und stündlich erfüllt<br />
werden muß, um die Menschen am Leben zu erhalten" 42 . — Und wie<br />
verhält es sich mit der Sprache? Zimmermann stößt auf die Auffassung<br />
von der Gleichursprünglichkeit nicht von Sprache und Arbeit,<br />
wohl aber von Sprache und Bewußtsein; und er findet die Auffassung,<br />
daß die Menschen, „wie jedes Tier", damit anfangen, sich<br />
aktiv zu verhalten" 4S .<br />
40 Ebda., S. 210.<br />
41 Deutsche Ideologie, MEW 3, S. 28.<br />
42 Ebda.<br />
43 K. Marx, Randglossen zu A. Wagners „Lehrbuch der politischen<br />
Ökonomie", MEW 19, S. 362.<br />
DAS ARGUMENT 92/1975 ©