Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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1 Besprechungen<br />
einflussung der Erwerbsquote, der Ausländerbeschäftigung, der Art<br />
des technischen Fortschritts, der Branchenstrukturpolitik, der Regionalpolitik).<br />
Der Entwurf eines gesamtwirtschaftlichen Arbeitsmarktmodells<br />
skizziert zuerst ein Modell der Nachfrageseite. Von einer vorgegebenen<br />
Wachstumsrate ausgehend, werden die Komponenten des Endnachfrage-Vektors<br />
und die verschiedenen Prognosetechniken für sie<br />
diskutiert. Aufgrund von Input-Output-Matrizen lassen sich daraus<br />
die intermediären Produktionsstrukturen im Unternehmensbereich<br />
ermitteln. Aus diesen wiederum ergibt sich der Arbeitskräfte-Bedarf<br />
(Manpower-Ansatz), der nach Wirtschaftsbereichen, Tätigkeitsmerkmalen<br />
(Berufen) und Ausbildungsmerkmalen aufzuschlüsseln ist.<br />
Dem wird die Skizze eines Arbeitskräfte-Angebotsmodells gegenübergestellt.<br />
An ein Modell der demographischen Entwicklung wird<br />
ein Bildungsverlaufsmodell angehängt, das die Nachfrage nach und<br />
die Inanspruchnahme durch Bildimgsprozesse erfaßt (Social Demand-<br />
Ansatz). Daraus ergeben sich die Neuzugänge am Arbeitsmarkt. Die<br />
für ein Prognosejahr getrennt ermittelten Nachfrage- und Angebotsgrößen<br />
werden sodann in einer dritten Stufe in Form einer Arbeitskräfte-Bilanz<br />
konfrontiert An die Feststellung der sich daraus ergebenden<br />
Über- oder Unterdeckungen kann sich dann eine Diskussion<br />
der Möglichkeiten, die beiden Modelle konsistent zu machen, anschließen.<br />
Dieses erfolgt in erster Linie durch den Einsatz arbeitsmarkt-politischer<br />
Instrumente. Auch die zweite Studie für regionale<br />
Arbeitsmärkte bedient sich dieses Grundmodells, lediglich erweitert<br />
um einige zusätzliche Probleme, die sich aus der Abhängigkeit der<br />
Region von der Gesamtwirtschaft ergeben.<br />
Die Grundstruktur des dargestellten Entwurfs entspricht damit<br />
dem Batelle-Modell, dem einzigen in der BRD zu diesem Sektor bereits<br />
existierenden Modell mit derart breiter Fragestellung, das es<br />
erlaubt, eine große Zahl relevanter Faktoren miteinander zu verknüpfen<br />
und Interdependenzen zu berücksichtigen. Die Darstellung<br />
ist sehr komprimiert und enthält zu den einzelnen Detailproblemen<br />
viele Hinweise auf vorhandene Modellansätze, auf vorhandenes<br />
Datenmaterial, dessen Eigenschaften und Unzulänglichkeiten, und<br />
auf Lösungsmöglichkeiten zu Einzelfragen, die in der theoretischen<br />
Literatur vorgeschlagen worden sind. Sie illustriert damit eine wirtschaftswissenschaftliche<br />
Position, welche empiriefernes Theoretisieren<br />
auf höchstem Aggregationsniveau ebenso zu überwinden versucht<br />
wie punktuelle politische Eingriffe ohne hinreichende Information<br />
über Folgen und Nebenwirkungen. Es ist eindrucksvoll zu<br />
sehen, wie sich die einzelnen Arbeiten auf dem Gebiet der Arbeitsmarktforschung<br />
im Rahmen des dargelegten Gesamtkonzepts wie<br />
Puzzlesteine allmählich zusammenzufügen beginnen und in zunehmendem<br />
Maße Voraussetzungen geschaffen werden für die Erklärung,<br />
Prognose und bewußte politische Beeinflussimg dieses Sektors.<br />
(Ob, wie und inwieweit diese Informationsinstrumente dann politisch<br />
eingesetzt werden, ist natürlich eine andere Frage.)<br />
Christoph Helberger (Frankfurt/Main)<br />
DAS ARGUMENT 92/1975 ©