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Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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629<br />

Rainer Rotermundt<br />

Materialistische Erkenntnistheorie - was soll das?<br />

Zum Beitrag von W. F. Haug in<br />

<strong>Das</strong> <strong>Argument</strong> 81<br />

Haug geht von der Frage nach dem „Verhältnis von Bewußtsein<br />

und Sein oder Denken und Sein" (S. 560) aus. Zwar setzt er sich von<br />

Lenins Formulierung des Problems als der Frage nach Entstehung<br />

von Wissen aus Nichtwissen ab, wenn er bemerkt, der Begriff des<br />

„Nichtwissens" sei doppeldeutig; auf diese Weise differenziert er<br />

verschiedene Formen von „Wissen", akzeptiert aber dennoch die erkenntnistheoretische<br />

Grundfrage, statt sie als historisch bestimmte<br />

Form „verkehrten Bewußtseins", d. h. in ihrem spezifisch bürgerlichen<br />

Charakter, zu enthüllen. Jedoch gerade dies wäre als allgemeine<br />

Voraussetzung jeder Diskussion über „materialistische Erkenntnistheorie"<br />

zu leisten. Ansonsten nimmt man bürgerliche Erkenntnistheorie<br />

als das, was sie sich selbst dünkt: überhistorisch<br />

gültige philosophische Problematik.<br />

I. Erkenntnistheorie als Ideologie<br />

Die Reflexion darüber, wie das erkennende Subjekt des zu erkennenden<br />

Objekts habhaft werden könne, hat ein bestimmtes Begreifen<br />

des Verhältnisses von Subjekt und Objekt, von Begriff und Begriffenem<br />

zur Voraussetzung, nämlich ihre Trennung, ihr jeweiliges<br />

An-Sich-Sein. Und dieses ist historisches Produkt menschlichen<br />

Bewußtseins, ist Moment bürgerlicher Ideologie, da die Trennung<br />

beider Seiten erst mit Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft zur<br />

gesellschaftlichen (materiellen) Realität geworden ist.<br />

Durch den Doppelcharakter seiner Arbeit ist die Stellung des Warenproduzenten<br />

zu den durch seine Tätigkeit hervorgebrachten<br />

gesellschaftlichen Verhältnissen real in einer Weise bestimmt, die<br />

jene Verhältnisse als unbeeinflußbar vorgegebene Naturzusammenhänge<br />

erscheinen läßt. Wird nämlich die gesamtgesellschaftliche<br />

Reproduktion auf der Basis privater Arbeit, als Warenproduktion<br />

geleistet, so wird das Wertgesetz zum inneren Funktionsprinzip der<br />

Gesellschaft. Da dieses aber unbewußtes (objektives) Resultat der<br />

subjektiven Tätigkeit der Produzenten darstellt, sich nur „hinter<br />

deren Rücken" (Marx) durchsetzt, erscheint es gerade nicht als Ergebnis<br />

der besonderen historischen Produktionsform, sondern als überhistorisches<br />

Naturgesetz, als Resultat menschlicher Arbeit schlechthin.<br />

Demzufolge nimmt die objektive Dialektik der Hervorbringung<br />

von gesellschaftlichen Verhältnissen der Warenproduktion und der<br />

DAS ARGUMENT 82/1975 ©

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