Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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642 Rolf Zimmermann<br />
theorie loszuwerden, in dem Nachweis zu liegen scheint, daß sie,<br />
wenn nicht falsch, so doch überflüssig ist, um die mit dem Marxschen<br />
Ansatz verbundenen erkenntnisteoretischen Auskünfte zu<br />
geben.<br />
IL<br />
Die Elimination der Abbildtheorie kann daran gezeigt werden,<br />
wie Marx die sinnlich-menschliche Tätigkeit in Richtung auf praktische<br />
Intersubjektivität zum Grundansatz seiner <strong>Theorie</strong> macht, wie<br />
die scheinbar so brennenden Fragen der erkenntnistheoretischen<br />
Tradition eine Antwort finden und wie diese Antwort unabhängig<br />
ist von einer Abbildtheorie. Damit ist zugleich die zweite Richtung<br />
der Feuerbach-Kritik angesprochen, die das Verhältnis Mensch-<br />
Mensch betrifft. Eine Orientierung an dieser verhilft auch dazu,<br />
Marx' eigenständigen Ansatz positiv zu charakterisieren.<br />
Hatte Marx in den „Pariser Manuskripten" Feuerbach noch „die<br />
Gründung des wahren Materialismus und der reellen Wissenschaft"<br />
zugebilligt, „indem Feuerbach das gesellschaftliche Verhältnis ,des<br />
Menschen zum Menschen' ebenso zum Grundprinzip der <strong>Theorie</strong><br />
macht" 16 , so kritisieren die Feuerbach-Thesen, daß Feuerbachs Verhältnis<br />
„des Menschen zum Menschen" kein gesellschaftliches ist 17 ,<br />
Weil das bedeutet, „die Menschen... in ihrem gegebenen gesellschaftlichen<br />
Zusammenhange, unter ... ihren vorliegenden Lebensbedingungen"<br />
18 aufzufassen, während Feuerbach in seiner <strong>Theorie</strong><br />
nur soweit kommt, „den .wirklichen, individuellen, leibhaftigen<br />
Menschen' in der Empfindung anzuerkennen, d. h. er kennt keine<br />
anderen ,menschlichen Verhältnisse' ,des Menschen zum Menschen',<br />
als Liebe und Freundschaft, und zwar idealisiert" 19 .<br />
Marx selbst erreicht so erst das „Grundprinzip der <strong>Theorie</strong>", indem<br />
er die idealisierte Intersubjektivität durch die gesellschaftlich-praktische<br />
ersetzt. Nachdem dies geschehen ist, kann er seine <strong>Theorie</strong><br />
mit der genuin Feuerbachschen Einsicht verbinden, die er in den<br />
„Pariser Manuskripten" so charakterisiert, daß Feuerbach, „der Negation<br />
der Negation, die das absolut Positive zu sein behauptet, das<br />
auf sich selbst ruhende und positiv auf sich selbst begründete Positive<br />
entgegenstellt" s0 . Diese Bewertung bezieht sich auf Feuerbachs<br />
Kritik der angeblich voraussetzungslosen Philosophie, der er als<br />
systematischen Ausgangspunkt den „wirklichen Menschen" entgegenstellen<br />
wollte.<br />
Indem Marx durch den Grundbegriff der gesellschaftlich-praktischen,<br />
sinnlich-menschlichen Tätigkeit den „wirklichen Menschen"<br />
allererst theoretisch erfaßt, wird dieser als das positiv auf sich selbst<br />
16 MEW, 1. Erg.Bd., S. 570.<br />
17 Vgl. die Feuerbaçh-Thesen 6 und 9, MEW 3, S. 6 f.<br />
18 Deutsche Ideologie, MEW 3, S. 44.<br />
19 Ebd.<br />
20 MEW, 1. Erg.Bd., S. 570.<br />
DAS ARGUMENT 92/1975 ©