02.03.2014 Aufrufe

Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

748 Besprechungen<br />

Soziale Bewegung und Politik<br />

Miliband, Ralph: Der Staat in der kapitalistischen<br />

Gesellschaft. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1972 (376 S.,<br />

Ln., 22,— DM).<br />

<strong>Das</strong> vorliegende Buch, 1968 in englischer Sprache veröffentlicht<br />

und 1972 ins Deutsche übersetzt, ist von der Zielsetzung her heute<br />

kaum noch auf dem Stand der Diskussion. Miliband distanziert sich<br />

von der pluralistischen Staats- und Gesellschaftsauffassung, wie sie<br />

Ende der sechziger Jahre in der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaft<br />

noch en vogue war. Diese Auffassung ist aber inzwischen<br />

durch Sozialstaatskonzeptionen als neuerer Variante bürgerlicher<br />

Staatstheorie zurückgedrängt worden. — Ausgehend vom Antagonismus<br />

von Lohnarbeit und Kapital in den bestehenden kapitalistischen<br />

Gesellschaften, korrigiert der Verfasser die entscheidenden Postulate<br />

der Pluralismustheorie, vor allem durch die Berufung auf empirischsoziologische<br />

Untersuchungen. Er stellt u. a. richtig, daß die wichtigsten<br />

Träger des Staatsapparates (Verwaltung, Justiz, Militär) und die<br />

Regierung selbst die Interessen der herrschenden Klasse mitorganisieren<br />

und absichern (Kap. III, IV); daß innerhalb so relevanter Bereiche<br />

wie Massenmedien, Schule, Universität und Kirche die proletarischen<br />

Interessen nur mangelhaft repräsentiert und durchgesetzt<br />

werden können (Kap. VII, VIII); daß die Kontroversen der bürgerlichen<br />

Parteien sich reduzieren lassen auf das jeweils zu praktizierende<br />

Wie des Regierens (98 ff.).<br />

Mit seiner Kritik am Pluralismus-Verständnis will Miliband gleichzeitig<br />

noch einen Beitrag zur Diskussion der marxistischen <strong>Theorie</strong><br />

leisten. Er bemängelt, daß die 'marxistisch orientierte Wissenschaft<br />

seit Lenin und Gramsci keine bemerkenswerten Versuche unternommen<br />

habe, „Fragen des Staates im Lichte der konkreten sozioökonomischen<br />

und politischen und kulturellen Realität heutiger kapitalistischer<br />

Gesellschaften zu behandeln" (16). Dieser Vorwurf richtet sich<br />

vor allem gegen die Theoretiker des staatsmonopolistischen Kapita-<br />

Iismus (22 f.). Seinen Anspruch, die marxistisch-leninistische <strong>Theorie</strong><br />

schöpferisch weiterzutreiben und insbesondere die politische und kulturelle<br />

Sphäre der bürgerlichen Gesellschaft exakter zu fassen, kann<br />

Miliband jedoch nicht einlösen. Im Gegenteil, gerade seine mangelhafte<br />

Rezeption zentraler methodologischer wie inhaltlicher Aussagen<br />

der <strong>Theorie</strong> des staatsmonopolistischen Kapitalismus und seine<br />

Überbewertung der empirischen politischen Soziologie verstellen ihm<br />

an vielen Punkten eine differenzierte Beurteilung. Weder ist er in<br />

der Lage, die Verflechtung von Staat und Monopolen begrifflich<br />

exakt zu fassen, noch die Widersprüche innerhalb des bürgerlichen<br />

Lagers richtig zu bestimmen. Eine Konsequenz davon ist die Verfälschung<br />

des Faschismus zur bonapartistischen Herrschaftsform<br />

(126 f.) und die Überbetonung möglicher Differenzen zwischen Staat<br />

DAS ARGUMENT 92/1975 ©

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!