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Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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666 Wolf gang Fritz Haug<br />

auch von seinen Anhängern oft mißverstanden und von Stalin schlechterdings<br />

mißbraucht. Obiges Zitat bezog sich auf Eugen Dühring —<br />

aber wer, dem diese Worte von Engels aus dem Herzen gesprochen<br />

sind, könnte die Augen davor verschließen, daß Herr Eugen Dühring<br />

auch unter Theoretikern, die sich zum Marxismus bekennen, seine<br />

Nachfolger gefunden hat und immer wieder findet?<br />

Es ist hier nicht der Ort, zur lohnenden Interpretation der Dialektik<br />

der Natur überzugehen. Skizziert werden sollte der Sinn der<br />

dialektisch-materialistischen Weltanschauung und, innerhalb derselben,<br />

des Teiles, der den genetischen Zusammenhang von der anorganischen<br />

Materie bis zum Menschen aufweist. Zur Verfahrensweise<br />

von Engels kann ganz allgemein gesagt werden, daß er alle<br />

naturwissenschaftlichen Wissensstücke in genetische Anordnung<br />

bringt, überall, wo die Dinge auseinander vorkommen, gegeneinander<br />

starr und selbständig scheinen, die Zusammenhänge, Wechselwirkungen,<br />

Verbindungsstücke, Übergänge aufsucht. An den rekonstruierten<br />

Entstehungszusammenhängen beobachtet er das Treibende,<br />

abstrahiert gemeinsame Bewegungsformen. Über seine Abstraktionen<br />

und Verallgemeinerungen mag man im einzelnen streiten, vor<br />

allem bietet das seit Engels' Tod ungeheuer angewachsene naturwissenschaftliche<br />

Erkenntnismateriäl einen viel reicheren Ausgangspunkt<br />

für die Bearbeitung der Aufgabe, die Engels sich stellte. Aber<br />

die Wichtigkeit der Aufgabe bleibt bestehen, die Leistung Engels'<br />

und ihre Legitimität unbestreitbar.<br />

Im Gegensatz zu Marx und Engels 31 sprach Lenin von marxistischer<br />

Philosophie 32 . Im Marxismus-Leninismus ist diese Sprechweise<br />

31 „Um ihre <strong>kritische</strong> Überwindung der ganzen bisherigen Philosophie<br />

auch sprachlich zu dokumentieren, nannten sie ihre eigene Weltanschauung<br />

nicht mehr ,Philosophie', im Unterschied zu den früheren Arbeiten,<br />

in denen sie noch die herkömmliche Terminologie benutzt hatten." A. Kosing,<br />

Friedrich Engels' Beitrag zur revolutionären Weltanschauung des<br />

Marxismus, in: DZfPh XVIII, H. 10, 1970, 1154. — Auch wenn man Lenins<br />

Terminologie, hinsichtlich des Marxismus wieder von „Philosophie" zu<br />

sprechen, für berechtigt hält, heißt es eine Äquivation zur Vertuschung<br />

eines Problems ausnutzen, wenn man zur Rechtfertigung heutiger Aufgabehstellung<br />

für „marxistische Philosophie" aus den früheren Arbeiten<br />

zitiert, in denen Marx und Engels z. T. noch die herkömmliche Terminologie<br />

benutzt haben, weil ihre spezifische revolutionäre Weltanschauung,<br />

die später Marxismus genannt wurde, noch nicht voll entwickelt war.<br />

32 Vgl. die auf eine Vorstellung von innerer Gliederung der marxistischen<br />

Weltanschauung hindeutende Formulierung Lenins: „Die Philosophie<br />

des Marxismus ist der Materialismus." (Drei Quellen und drei Bestandteile<br />

des Marxismus, LW 19, S. 4.) Im folgenden spricht Lenin von der Vertiefung,<br />

Entwicklung und Ausdehnung des Materialismus von der Erkenntnis<br />

der Natur auf die der Gesellschaft (ebda., S. 5). — Unvermittelter eine Formulierung,<br />

wie sie sich z. B. im Vorwort zur 2. Auflage von „Materialismus<br />

und Empiriokritizismus" findet: „... um die Philosophie des Marxismus,<br />

den dialektischen Materialismus, sowie die philosophischen Folgerungen<br />

aus den neuesten Entdeckungen der Naturwissenschaften kennenzulernen<br />

..." Hier scheint „Philosophie" soviel wie verallgemeinernde <strong>Theorie</strong><br />

zu bedeuten.<br />

DAS ARGUMENT 92/1975 ©

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