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Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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1 Besprechungen<br />

einfach Angst davor hatten, die gewohnte Umgebung der parlamentarischen<br />

Politik zu verlassen (16, 20).<br />

Obwohl Sweezy zu Recht betont, die anfängliche ökonomische Politik<br />

der Regierung sei eine kurzfristige gewesen, führt er seine Leser<br />

doch irre, indem er behauptet, die Regierung habe diese Politik als<br />

dauerhaft eingeschätzt. Der Grund dafür, daß Allendes ökonomische<br />

Politik nie grundsätzlich geändert wurde, kann nicht der ökonomischen<br />

Naivität seiner Berater zugeschrieben werden. <strong>Das</strong> Problem<br />

war eindeutig ein politisches, das teilweise mit der Fähigkeit der Parteien<br />

der Unidad Popular zusammenhing, unter sich Übereinstimmung<br />

zu erzielen und nach einer langfristigen politischen Strategie<br />

zu handeln. Insofern Sweezy sich nicht mit den politischen Problemen<br />

auseinandersetzt, die eine Veränderung der ökonomischen Politik bedingten,<br />

kann er auch die komplexen Probleme außer acht lassen, die<br />

mit einer Entscheidung für ein Plebiszit zusammenhingen. Weil er es<br />

ablehnt, sich mit diesen Problemen im Kontext einer breiteren Interpretation<br />

der chilenischen Geschichte auseinanderzusetzen, erweist<br />

sich sein Vorschlag, Allende hätte die Arbeiter bewaffnen sollen, sogar<br />

als noch unrealistischer als das friedliche Ideal, das er angreift.<br />

Es ist bezeichnend, daß Sweezy, der seine Analyse mit der Behauptung<br />

beginnt, die historischen Gesetze der Revolution könnten erklären,<br />

warum Allende fehlschlagen mußte, letztlich gezwungen ist, auf<br />

die Begriffe Furcht und Mythos zu bauen, um erklären zu können,<br />

warum das Ergebnis nicht anders war. Es liegt eine Unvereinbarkeit<br />

in seiner Analyse: einerseits lehnt er den friedlichen Weg mit der Begründung<br />

ab, er sei keine historisch lebensfähige Möglichkeit; andererseits<br />

schlägt er bestimmte Schritte vor, die aus seiner Sicht die<br />

chilenische Revolution möglich gemacht hätten. Es gibt jedoch in<br />

Sweezys <strong>Theorie</strong> keinerlei sichtbare Verbindung zwischen diesen beiden<br />

Ebenen. Die fehlende Verbindung ist einfach die chilenische Geschichte.<br />

Julio Faûndez B. (Coventry/England)<br />

(Übersetzung aus dem Englischen: Holm Gottschalch)<br />

Soares, Mario: Portugal. Rechtsdiktatur zwischen Europa und<br />

Kolonialismus. Rowohlt Verlag, Reinbek 1973 (136 S., br., 4,80 DM).<br />

<strong>Das</strong> Buch beansprucht, ein Augenzeugenbericht zu sein, und enthält<br />

dabei über die Autobiographie des Verfassers hinaus viele Einsichten<br />

in das Funktionieren der portugiesischen Diktatur, die Soares<br />

auf verschiedensten Ebenen bekämpft hat. So erfährt man über seine<br />

Arbeit in kommunistischen Organisationen während seiner Jugendund<br />

Studentenzeit und das spätere wechselhafte Verhältnis zur KP<br />

Portugals, darüberhinaus detailliert die Hintergründe der Ermordung<br />

Humberto Delgados, dessen Hinterbliebene Soares als Rechtsanwalt<br />

vor Gericht vertrat und dessen Fall heute wieder aufgerollt<br />

wird. Nichtsdestoweniger wird das Interesse des Lesers vor allem<br />

DAS ARGUMENT 92/1975 ©

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