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Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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1 Besprechungen<br />

torischen Trick wird aus kranken Individuen ein illusionäres revolutionäres<br />

Subjekt. Ist die Krankheit der „subjektive Hebel" zur Politisierung,<br />

so erhält der politische Kampf natürlich eine entsprechende<br />

Form. Nicht der Kampf gegen ökonomische Ausbeutung und relative<br />

Verelendung soll im Mittelpunkt stehen, sondern die Therapie. Deshalb<br />

sind „überkommene politische Organisationsmodelle, etwa das<br />

bolschewistische, neu zu überdenken bzw. in Frage zu stellen" (319).<br />

Indem er die psychische Verelendung in den Mittelpunkt stellt, wendet<br />

er sich gerade von der materiellen Basis ab, auf die er die Psychoanalyse<br />

stellen wollte. Er degradiert den politischen Kampf zur<br />

Spielwiese für die Suche nach neuen Kommunikationsformen. Was<br />

als Politisierung der Psychoanalyse anhob, endet als Psychologisierung<br />

der Politik. Man erkennt den Geist der Studentenbewegung, der<br />

ihm auch das politische Ziel diktiert: „Da der Warencharakter erst<br />

heute, im Spätkapitalismus, seinen .universellen Charakter' (Lukäcs)<br />

eingelöst hat, kann auch die sozialistische Revolution nur als universelle<br />

Umwälzung aller gesellschaftlichen Beziehungen, in denen sich<br />

der Warencharakter niedergeschlagen hat, begriffen werden" (323).<br />

Angesichts der Forderung nach sofortigem unvermitteltem Ubergang<br />

vom Bestehenden zum total Anderen können alle am Fortbestand<br />

des Bestehenden Interessierten beruhigt in die Zukunft schauen, weil<br />

damit die wirkliche gesellschaftliche Veränderung auf den Sankt<br />

Nimmerleinstag verschoben wird.<br />

Gidon Freudenthal und Nora Räthzel (Berlin/West)<br />

Hollitscher, Walter (Hrsg.): Aggressionstrieb und Krieg.<br />

Symposium des Internationalen <strong>Institut</strong>s für den Frieden, Wien.<br />

Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1973 (164 S., br., 18,— DM).<br />

Aggressionsforschung ist in der BRD seit einigen Jahren so populär,<br />

daß wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Thema zu Bestsellern<br />

werden konnten, so z. B. Hackers Schrift: „Aggression" (1971<br />

und 1973). Hacker bezifferte die Publikationen allein in englischer<br />

Sprache und für den knappen Zeitraum von fünf Jahren auf 6000,<br />

ungerechnet Zehntausende Zeitungs- und Zeitschriftenartikel. Die<br />

Breite des Interesses muß auch Beachtung in einem Zusammenhang<br />

finden, auf den Oskar Neumann verwies: der Menge von Büchern<br />

über Aggression stehen drei in der BRD greifbare Arbeiten über den<br />

Militär-Industrie-Wissenschaft-Komplex gegenüber. Einen recht eindrucksvollen<br />

Beleg besonders für die Funktion der Aggressionsforschung<br />

hierzulande lieferte Heft 10/1973 der „Information für die<br />

Truppe", worin unter der Überschrift „Wehrmotiv" Konrad Lorenz<br />

zu Wort kam: „Wie das Triumphgeschrei die soziale Struktur der<br />

Graugänse wesentlich beeinflußt, ja beherrscht, so bestimmt auch der<br />

Trieb zum begeisterten kämpferischen Einsatz weitgehend den gesellschaftlichen<br />

und politischen Aufbau der Menschheit."<br />

DAS ARGUMENT 92/1975 ©

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