Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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652 Wolfgang Fritz Haug<br />
Materiaiismus andererseits. Am Schluß wird deshalb das anfangs<br />
positiv entwickelte Verständnis von dialektisch materialistischer Erkenntnisauffassung<br />
polemisch gegen die Tendenz, hinter Marx und<br />
Engels zurückzufallen, verteidigt. Daher der Titel: Wider den bloß<br />
verbalen Materialismus!<br />
Dem eiligen Leser sei empfohlen, die allgemein-orientierenden<br />
ersten Abschnitte aufmerksam zu lesen. Sollte er nur „allgemeine<br />
marxistische Wahrheiten" 23 finden, möge er in den Einzelauseinandersetzungen<br />
an Stichproben nachprüfen, wogegen sich diese Rekonstruktion<br />
der marxistischen Weltanschauung im Umriß richtet. Um die<br />
Orientierung zu erleichtern, stelle ich den Abschnitten jeweils stichwortartige<br />
Überschriften voran. Sie sollen selbstverständlich nicht den<br />
Anspruch mitteilen, es würde im folgenden jeweils auch nur entfernt<br />
alles Notwendige zu diesem Stichwort gesagt.<br />
Dem Verfasser und den Editoriais ist übel genommen worden, daß<br />
die Frage nach dem Sinn bestimmter marxistischer Grundbegriffe<br />
und eben auch der materialistischen Erkenntnistheorie, des Widerspiegelungs-Theorems<br />
usw. gestellt worden ist. Es erwecke dies den<br />
falschen Eindruck, befürchtet z. B. Sandkühler 3 , als sei dieser ihr<br />
Sinn allgemein umstritten. „Es ist nicht gut, Nullpunkt-Situationen<br />
zu fingieren, wo z. B. in der UdSSR und in der DDR, in der CSSR<br />
und in Ungarn theoretische Höhepunkte erreicht worden sind." Ähnlich<br />
klingt es aus den Zeilen der Prokla 4 . Auf meine Bemerkung<br />
in Was soll materialistische Erkenntnistheorie, am Anfang einer Diskussion<br />
sei es angebracht, sich in allgemeiner Form den Sinn materialistischer<br />
Erkenntnistheorie zu vergegenwärtigen, ruft es: „<strong>Das</strong> ist<br />
falsch und irreführend! Haugs Thesen stehen am Ende einer wissenschaftlichen<br />
und politischen Auseinandersetzung, die mindestens so<br />
alt ist wie Lukäcs' »Geschichte und Klassenbewußtsein' aus dem Jahre<br />
1923." Wird nicht an deren Resultate angeknüpft, „dann wird der<br />
Eindruck suggeriert, auf diesem Gebiet sei noch alles offen".<br />
Dem lebendigen Interesse, die Rechnung jeweils neu aufzumachen 5 ,<br />
kommt eine Diskussion über dialektisch-materialistische Erkenntnis-<br />
2a Vgl. dazu im folgenden S. 680—685; der oben zitierte Topos findet<br />
sich auf S. 682.<br />
3 H. J. Sandkühler, Streitbarer Materialismus oder — Streit um den<br />
Materialismus? im vorliegenden Heft. — Wann immer im folgenden Sandkühler<br />
ohne besondere Quellenangabe zitiert wird, handelt es sich um<br />
diesen Aufsatz.<br />
4 Bodo v. Greift und Hanne Herkommer, Die Abbildtheorie und „<strong>Das</strong><br />
<strong>Argument</strong>", in: Probleme des Klassenkampf (Prokla) 16, 4. Jg. 1974,<br />
S. 151—176. <strong>Das</strong> folgende Zitat stammt von S. 167.<br />
5 Lange schon hat man sich im <strong>Argument</strong> mit der Entwicklung seit<br />
„Geschichte und Klassenbewußtsein" herumgeschlagen. Es ist naiv und<br />
irreführend anzunehmen, wir seien nicht gerade ausgehend von Resultaten<br />
einer Entwicklung, die wir nicht einfach fortsetzen wollten, zur Einsicht<br />
in die Notwendigkeit gelangt, den Begründungszusammenhang des<br />
dialektischen Materialismus noch einmal „von vorn" nachzuvollziehen, um<br />
uns anzueignen, was uns einleuchtet und was uns weiterbringt!<br />
DAS ARGUMENT 92/1975 ©