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Das Argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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674 Wolf gang Fritz Haug<br />

kühler Rotermund. Um das Quiproquo zu vervollständigen, will ich<br />

beweisen, daß an bestimmten Punkten Sandkühler = Rotermund ist.<br />

, „Im Alltagsleben", hatte ich geschrieben, „wird massenhaft die zweifelsfrei<br />

gewisse Erfahrung gemacht, daß bestimmte Erkenntnisse<br />

lebensnotwendig sind, und daß es einen lebenswichtigen Unterschied<br />

zwischen richtigen und falschen Erkenntnissen gibt..." 47 Vom<br />

Standpunkt dessen, für den Kapitalismus alles mit Mystifikation<br />

schlägt, ruft es: „Erscheinung ist die Sprache der Dinge im Kapitalismus<br />

... So wird im Kapitalismus... nirgends im spontanen Alltagsbewußtsein,<br />

,im Alltagsleben ... die zweifelsfrei gewisse Erfahrung<br />

gemacht..., daß es einen lebenswichtigen Unterschied zwischen<br />

richtigen und falschen Erkenntnissen gibt'." Wer spricht? Rotermund?<br />

Nein, Sandkühler, der allerdings an einem von mir ausgelassenen<br />

Passus zu erkennen gewesen wäre: „nicht aber spricht,<br />

was wesentlich wäre, wenn nicht in der Sprache der Wissenschaft"<br />

— gegen das Alltagsbewußtsein gesprochen. Rotermund ist konsequenter:<br />

im Kapitalismus kann es im Grunde gar keine Wissenschaft<br />

geben, insbesondere die Naturwissenschaft ist totale Ideologie und<br />

Materialismus nur ihre Kritik. — Wie kommt es zu der totalen Mystifikation?<br />

Sie soll dem nicht sehr klar dargestellten Zusammenhang<br />

entspringen, daß die privaten Warenproduzenten durch die Beziehungen,<br />

die sie vermittels ihrer Produkte auf dem Markt eingehen,<br />

Resultate gesellschaftlichen Charakters hervorbringen, die<br />

ihnen sozusagen nachträglich das Gesetz ihres ökonomischen Handelns<br />

vorschreiben 48 . In Gestalt des Warenwerts kommt es so zu<br />

gesellschaftlichen Beziehungen der Dinge und dinglichen Beziehungen<br />

der Menschen. Diese Verdinglichung der gesellschaftlichen Beziehungen,<br />

die zugleich eine Entfremdung der eigenen gesellschaftlichen<br />

Aktion der Warenproduzenten ist, drückt sich darin aus, daß<br />

ihnen die Ergebnisse ihres Handelns als fremd und äußerlich wirkende<br />

Mächte entgegentreten, analog zu unverstandenen, von den<br />

Menschen nicht hervorgerufenen Naturerscheinungen. Unbeeinflußbar<br />

wie Dürre und Überschwemmung erscheinen Konjunktur und<br />

Krise. Im Wertausdruck der Waren nimmt der gesellschaftliche Charakter<br />

des Werts darüber hinaus Naturform an, erscheint Wert als<br />

Gebrauchswert usw. Aus alledem folgt erstens die reale „Nahrhaftigkeit"<br />

der gesellschaftlichen Resultate privater Aktivitäten und<br />

zweitens notwendig falsches Bewußtsein, das zwar die genannten<br />

Eigenarten der Warenproduktion und der Waren widerspiegelt, wie<br />

sie faktisch wirken, aber den Wirkungszusammenhang, der diese<br />

faktischen Resultate hervorbringt, nicht erkennt. Dieser Zusammen-<br />

47 Was soll materialistische Erkenntnistheorie?, in: <strong>Argument</strong> 81, S. 568.<br />

48 Vgl. zur Kategorie des „resultierenden Gesetzes" oder „regulierenden<br />

Resultats" meine Untersuchung über „Standpunkt und sozialistische<br />

Perspektive...", in: <strong>Argument</strong> 74, S. 569. Ebda, über die Kategorie des<br />

„planlosen Plans". Zur Wertform als Form einer „hinterrücks und nachträglich<br />

erfolgenden Vergesellschaftung der Produktion" vgl. meine „Vorlesungen<br />

zur Einführung ins Kapital", vor allem Vorlesung XI.<br />

DAS ARGUMENT 92/1975 ©

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