Wiedergänger in der skandinavischen Literatur

Der zweithäufigste Grund um Wiederzugehen ist die Überbringung einer Botschaft. 20 Das
Erscheinen eines Wiedergängers kündigt dann der Person, die ihn gesehen hat, ihren eigenen
nahen Tod an. Diese Person ist dann vorgewarnt und kann sich auf das eigene Ableben
vorbereiten. Auch eine Krankheit kann so vorausgesagt werden. Erscheint ein kürzlich
Verstorbener einem Verwandten im Traum, möchte er auf diesem Weg auf seinen Tod
hinweisen und die Fürsorge der Lebenden für seine sterblichen Überreste in Anspruch
nehmen. Hartnäckig in ihrem Erscheinen und oft auch als bösartig geltend waren jene
Wiedergänger, die zu Lebzeiten ein Verbrechen begangen hatten.
Wiedergänger können sowohl nachts als auch tagsüber erscheinen, sie sind aber tagsüber
wesentlich weniger aktiv und mächtig, aber zweifelsohne ist die Chance, einem Wiedergänger
zu begegnen nachts größer. Die vorherrschende Jahreszeit für Erscheinungen sind die dunklen
und kalten Wintermonate. 21 Ein starkes Auftreten beginnt mit der Wintersonnenwende am 21.
Dezember, dem Mittwinter der Germanen. Besonders um den Zeitraum Weihnachten –
Neujahr – Heiliger-Drei-Königs-Tag sind Wiedergänger in ganz Europa besonders aktiv. In
den 12 Nächten um Mittwinter zeigt sich dem deutschem Volksglauben nach auch die Wilde
Jagd, ein Totenheer zusammengesetzt aus den Seelen Verstorbener und diverser Tiere im
Gefolge vom Wilden Jäger Wotan (Wodan), dem nordischen Gott Odin. Dieses riesige Heer
braust nachts von Jagdrufen und Hundgebell begleitet durch die Luft.
Im Volksglauben existierte die Vorstellung, dass der Grabhügel die Wohnstätte der Toten sei.
Nachdem man ihn als Leichnam in sein Grab gelegt hatte, verweilt der Wiedergänger an
diesem Ort, was aber nicht zwingend bedeuten muss, dass er sich dauernd dort aufhalten
muss. Er kann sowohl im Grabhügel als auch außerhalb seiner Ruhestätte existieren.
Wiedergänger spuken hauptsächlich in ihren eigenen Häusern oder auf ihrem eigenen Grund.
Ihre Möglichkeiten umzugehen reichen dann bis zu den Grenzen ihres Besitzes. Wenn sie
aber bösartig sind, können sie auch all jene Menschen erreichen, denen sie schaden wollen.
Wenn jemand auf ein Ereignis oder einen bestimmten Tatbestand aufmerksam machen will,
kann es auch sein, dass dieser Wiedergänger am Ort seines Todes oder des an ihm verübten
Frevels umgeht. In der Christlichen Überlieferung trifft man eher auf Friedhöfen, an
Wegkreuzungen oder in Kirchen oder Kirchhöfen auf Wiedergänger. In der Germanischen
Überlieferung findet man eine uneinheitliche Vorstellung über den Aufenthaltsort des
Wiedergängers. „Ein Wiedergänger kann gleichzeitig an verschiedenen Orten gedacht
20 Lecouteux: Geschichte der Gespenster und Wiedergänger, S. 174
21 Ebenda, S. 172
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