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Wiedergänger in der skandinavischen Literatur

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Der tote Körper war e<strong>in</strong>e Brutstätte für Krankheiten und Seuchen, wie <strong>der</strong> des Hexers<br />

Mithothyn bei Saxo Grammaticus. 118 Aber damals waren die heutigen mediz<strong>in</strong>ischen<br />

Erkenntnisse was Krankheitserreger betrifft unbekannt, man wusste nicht, dass hier Bakterien<br />

und Keime am Werk waren. Also betrachtete man die negative gesundheitliche Wirkung, des<br />

Leichnams auf die, die mit ihm zu tun hatten, als bösartige Absicht des draugr. Dazu kam,<br />

dass <strong>der</strong> draugr auch körperliche Angriffe auf Leib und Leben verüben konnte.<br />

Der draugr besitzt manchmal auch magische Fähigkeiten, wie das Vorhersehen <strong>der</strong> Zukunft,<br />

die Kontrolle über Wasser o<strong>der</strong> Formwandlung. 119 Der Tote musste nicht unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

menschlichen Form ersche<strong>in</strong>en, son<strong>der</strong>n konnte sich auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Tier verwandeln. Solche<br />

Tiere waren e<strong>in</strong>e Robbe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Eyrbyggja Saga 120 , e<strong>in</strong> großer gehäuteter Bulle, e<strong>in</strong> graues<br />

Pferd mit gebrochenem Rücken ohne Ohren o<strong>der</strong> ohne Schweif o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Katze, die sich auf<br />

die Brust e<strong>in</strong>es Schlafenden setzt und immer schwerer wird, bis das Opfer schließlich<br />

erstickt. 121 Das letztgenannte Phänomen ist im mitteleuropäischen Bereich als Alpdruck<br />

bekannt. Alben waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> germanischen Mythologie für die Träume zuständig, auf sie<br />

führte man die schlechten Träume zurück. Alben stellte man sich bildlich meist <strong>in</strong><br />

menschenähnlicher Gestalt auf <strong>der</strong> Brust des Schlafenden hockend vor. Dieser Umstand löste<br />

beim Schlafenden e<strong>in</strong> unangenehmes Druckgefühl aus, das aber nicht zwangsläufig zum Tod<br />

führen musste. Der Alptraum ist e<strong>in</strong> Ergebnis <strong>der</strong> Wirkung <strong>der</strong> Alben. Das Wort Alptraum<br />

leitet sich vom Alb ab. Alp ist e<strong>in</strong>e konkurrierende Schreibweise, die schon im<br />

Mittelhochdeutschen vor allem für Nachtalben benutzt wurde und sich zunehmend<br />

durchsetzte.<br />

Der draugr Thra<strong>in</strong> verwandelte sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hromundar saga Greipssonar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Troll und<br />

wurde somit katzenähnlich (altnord. kattakyn):<br />

Then Thra<strong>in</strong> turned himself <strong>in</strong>to a troll, and the barrow was filled with a horrible stench; and he<br />

stuck his claws <strong>in</strong>to the back of Hromund's neck, tear<strong>in</strong>g the flesh from his bones. 122<br />

Das Wort „troll“ bezeichnet im Altnordischen ursprünglich e<strong>in</strong>en fe<strong>in</strong>dseligen Riesen o<strong>der</strong><br />

unter <strong>der</strong> Bezeichnung „trollrida“ auch e<strong>in</strong>e Hexe 123 . Das Wort Troll geht vermutlich auf<br />

„trolda“, „trolla“ zurück, was soviel wie treten, alpdrücken bedeutet. In <strong>der</strong> Sagaliteratur<br />

nimmt das Wort Troll aber die Bedeutung „Unhold“ an und tritt oft im Zusammenhang mit<br />

118 Saxo Grammaticus: The History of the Danes I<br />

119 Ellis-Davidson: The Road to Hel, S. 163<br />

120 Eyrbyggja Saga, S. 165<br />

121 Simpson: Icelandic Folktales and Legends, S. 166<br />

122 Hromundar saga Greipssonar, S. 68<br />

123 Herrmann: Nordische Mythologie, S. 48<br />

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