Wiedergänger in der skandinavischen Literatur

dies unter freiem Himmel tun würde. Dieser Faktor kann sich je nach Sauerstoffzufuhr
erhöhen. Doch diese Gegebenheiten waren den Ärzten in der ersten Hälfte des 18.
Jahrhunderts noch unbekannt. 63 Durch völligen Luftabschluss und in trockenen Gebieten
können Leichen nahezu unversehrt erhalten bleiben. Der Körper trocknet aus und erzeugt so
eine Art natürlicher Mumifizierung. Weitere Faktoren können diesen Effekt ebenfalls
beeinflussen, wie die Art der Krankheit des Verstorbenen, sein Alter und die Jahreszeit in der
er starb. Die Unverweslichkeit kann von „Bluten“ oder „Schwitzen“ des Leichnams begleitet
werden. 64 Neben der natürlichen Mumifizierung konnte man mit dem Entfernen der
Eingeweide und mit Einbalsamierung so einen Effekt künstlich erzielen. Ab dem 14.
Jahrhundert wurden die Leichen bestimmter großer Persönlichkeiten präpariert, um ihren
Transport zu einem entfernten Bestattungsort zu ermöglichen. 65
Moorleichen sind wegen der besonderen Bodenbeschaffenheit nur in Nordeuropa 66 erhalten
geblieben. Bis heute wurden mehr als 1000 Moorleichen in Nordeuropa gefunden. Der
dänische Tollund-Mann, der während der Eisenzeit um 350 v.Chr. gelebt hat, ist einer der
bekanntesten Moorleichen. 67 Das saure Milieu im Moor, zusammen mit Humin- und
Gerbsäuren, wirkt fäulnishemmend, deshalb konnten sich die Körper der Menschen, die
Haare, die Kleidungsstücke und die Grabbeigaben, wie Waffen, so gut konservieren. Der
Luftabschluss und die feuchte Lagerung im Wasser begünstigen die Konservierung noch
zusätzlich. Die Körperbestattung war in der frühen Eisenzeit ungewöhnlich, stattdessen waren
Feuerbestattungen üblich. Jedoch galten Moore als rituell bedeutsame Orte, als ein
Grenzgebiet zwischen menschlicher und göttlicher Welt, deshalb wurden Opfergaben und
auch Tiere als Opfer für die Götter im Moor versenkt. Der Tollund-Mann trägt eine Schlinge
um den Hals, wahrscheinlich war auch sein Tod durch Erhängen oder Erwürgen als
Menschenopfer gedacht.
Der Aberglaube und die Angst vor Wiedergängern brachte die Menschen dazu, Leichen oft
nach einem viel zu kurzen Zeitraum, oft schon nach ein paar Tagen, wieder ausgegraben. Was
die unwissenden und medizinisch ungebildeten Menschen damals dann sahen, muss ihnen
verständlicherweise Angst gemacht haben. „Frisches Blut quoll dem unheimlichen Toten aus
Augen, Nase, Mund und „schreiende, seufzende“ Töne waren während des Pfählens zu
63 Borrmann: Vampirismus oder die Sehnsucht nach Unsterblichkeit, S. 101
64 Ariès, Philippe: Geschichte des Todes S. 459
65 Ebenda, S. 461
66 ganz Skandinavien und die Britischen Inseln
67 Barber: Vampires, Burial, and Death, S. 107
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