Wiedergänger in der skandinavischen Literatur
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essen konnte, aber alle aufessen musste. Der Rauch von Wachol<strong>der</strong>feuern wirkt antidämonisch.<br />
Guten Schutz bieten auch Wachol<strong>der</strong>zweige o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verzehr von<br />
Wachol<strong>der</strong>beeren. Spiegel an <strong>der</strong> Haustür befestigt hatten den Zweck den Untoten zu<br />
erschrecken o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest zu verwirren, sobald er sich im Spiegel erblickte. Im Falle von<br />
Vampiren, die ke<strong>in</strong> Spiegelbild haben, nutzen Spiegel den Lebenden zur Erkennung von<br />
dieser speziellen Art von Untoten. Denn dem Aberglauben zufolge, bildet <strong>der</strong> Spiegel die<br />
Seele ab, wenn auch von „m<strong>in</strong><strong>der</strong>er Realität als das Urbild“ 27 . In Russland glaubte man, dass<br />
e<strong>in</strong> Spiegel, so wie e<strong>in</strong> Fenster o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e spiegelnde Wasseroberfläche, die Grenze zwischen<br />
<strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Menschen und dem Jenseits darstellte. „Begründet wird <strong>der</strong> Brauch oft mit <strong>der</strong><br />
Angst vor e<strong>in</strong>em Verweilen des Toten im Hause, falls er se<strong>in</strong> Spiegelbild sähe.“ 28 Aus diesem<br />
Grund wurden alle Spiegel im Haus verhängt, wenn jemand verstorben ist. Grundsätzlich<br />
wurde <strong>der</strong> Leichnam nicht durch die Haustür h<strong>in</strong>aus gebracht, son<strong>der</strong>n durch e<strong>in</strong>e<br />
aufgebrochene Wand o<strong>der</strong> aber man entfernte die Türschwelle, bevor man ihn h<strong>in</strong>austrug. Der<br />
Sarg sollte auch nicht mit dem Kopfende voraus aus dem Haus getragen werden, denn <strong>der</strong><br />
Tote könnte sonst zurückschauen und später leicht den Weg zurück f<strong>in</strong>den.<br />
Zudem empfahl es sich, nachdem <strong>der</strong> Tote aus dem Haus war, e<strong>in</strong> Messer über <strong>der</strong> Haustür<br />
anzubr<strong>in</strong>gen. Weiters konnte, um dem <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong> e<strong>in</strong>e Rückkehr <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Haus unmöglich<br />
zu machen, e<strong>in</strong> toter Hund o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e tote Katze auf die Türschwelle gelegt werden. Jedoch<br />
war es von großer Wichtigkeit, dass sich ke<strong>in</strong>e lebendigen Tiere <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe des Toten<br />
bef<strong>in</strong>den sollten.<br />
Blieben all diese Präventionsmaßnahmen wirkungslos und <strong>der</strong> aufgebarte Leichnam blieb<br />
nicht liegen, musste man bei <strong>der</strong> Bestattung zu drastischeren Mitteln greifen. Man<br />
verstümmelte den Körper und köpfte den Leichnam o<strong>der</strong> verbrannte ihn vollständig zu Asche.<br />
Die Zerstückelung des Leichnams und das Abtrennen von Gliedmaßen sollte ihn am<br />
umherwandeln h<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Den selben Effekt erhoffte man sich auch <strong>in</strong>dem man den Leichnam<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gewässer versenkte o<strong>der</strong> ihn <strong>in</strong> Bauchlage, also entgegen <strong>der</strong> üblichen<br />
Bestattungsrichtung, begrub, damit <strong>der</strong> <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong> gegebenenfalls <strong>in</strong> die falsche Richtung<br />
graben würde. In Osteuropa wurden Tote auf eben diese Weise beerdigt, um sicherzustellen,<br />
dass sie, falls sie zu Vampiren werden sollten, sich tiefer <strong>in</strong> die Erde anstatt ans Tageslicht<br />
graben würden. Der Ursprung <strong>der</strong> Sitte, Tote mit dem Gesicht nach unten zu begraben, liegt<br />
weitgehend im Dunklen. Vielleicht entstammt dieser Brauch auch aus <strong>der</strong> Vorstellung <strong>der</strong><br />
Kelten, demnach e<strong>in</strong> Mensch erst <strong>in</strong> die richtige Richtung gedreht werden müsse, um die<br />
jenseitige Welt zu betreten. In Schlesien wurde diese Art <strong>der</strong> Bestattung auch damit erklärt,<br />
27 Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Spiegel, S. 547-577<br />
28 Ebenda, S. 547-577<br />
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