Wiedergänger in der skandinavischen Literatur

6.1. Der Dankbare Tote
Eine andere Gruppe von Märchen, die so genannten Erlösungsmärchen 260 , beinhalten das
Motiv der Totenhilfe. In „Der dankbare Tote“ AaTh 505 kommt ein Toter zurück, um einem
Lebenden zu helfen, der ihm vorher Gutes getan hatte. Dabei kann der Kern dieser
Erzählungen wie folgt zusammengefasst werden. Ein junger Wanderer gibt eine beträchtliche
Summe oder alles was er besitzt aus, um einen Toten, der von seinen Gläubigern misshandelt
oder entehrt wird, freizukaufen. Nachdem er seine Schulden bezahlt hat, kümmert er sich um
die Beerdigung des Toten und sorgt damit für dessen letzte Ruhe. Aus Dankbarkeit wird der
Tote später zum Weggefährten und überirdischen Helfer des Wandersmanns, indem er ihn aus
einer gefährlichen Situation rettet. Meist endet dieses Märchen mit einer Hochzeit nach der
Vereinigung mit der verlorenen Geliebten.
Die bekannteste Fassung dieses Märchens stammt von Hans Christian Andersen aus dem Jahr
1835 und trägt den Titel „Reisekammeraten“ (dt. „Der Reisekamerad“). Nach dem Tod seines
Vaters verlässt Johannes seine Heimat und zieht in die Welt hinaus. Alles was er bei sich hat
ist sein Erbteil, bestehend aus „50 Rdlr. og et Par Sølvskillinger“ 261 . Auf einem fremden
Kirchhof sieht er mit Unkraut überwachsene Gräber und in der Hoffnung, dass jemand das
auch für das Grab seines Vaters tun würde, rupft er das Unkraut aus. Vor der Kirchentür
schenkt er einem Bettler etwas Geld. In einer Nacht sucht Johannes während einem Gewitter
Unterschlupf in einer kleinen Kirche. Als er aufwacht, bemerkt er, dass er nicht alleine ist.
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Midt paa Kirkegulvet stod der en aaben Liigkiste med en død Mand i, for han var endnu ikke
begravet. Johannes var slet ikke bange, for han havde en god Samvittighed, og han vidste nok, at
de Døde gjør ingen noget; det er levende, onde Mennesker, der gjør Fortræd. Saadanne to levende,
slemme Folk stod tæt ved den døde Mand, der var sat herind i Kirken, før han blev lagt ned i
Graven, de vilde gjøre ham Fortræd, ikke lade ham ligge i sin Liigkiste, men kaste ham uden for
Kirkedøren, den stakkels døde Mand. 262
Die beiden Männer wollen den Toten deshalb vor die Tür werfen, weil er ihnen Geld schuldet,
das sie jetzt nicht mehr bekommen könnten. Johannes bringt sie davon ab, indem er ihnen sein
ganzes Erbteil überlässt. Auf seiner Wanderschaft trifft Johannes einen anderen Mann, der
sich ihm anschließt. Beide helfen anderen; der Reisekamerad besitzt eine Salbe, die das
gebrochene Bein einer alten Frau heilt und eine kaputte Handpuppe zum Leben erweckt. Die
beiden hören die Geschichte einer wunderschönen, aber grausamen Prinzessin. Sie stellt
jedem Freier ein Rätsel, welches aber unmöglich zu lösen ist und so werden alle von ihr in
den Tod geschickt. Johannes verliebt sich in die Prinzessin und will sich als Freier vorstellen.
260 im Aarne-Thompson-Index als Übernatürliche Helfer 500–559 gelistet
261 Andersen: Reisekammeraten.
262 Ebenda.