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Wiedergänger in der skandinavischen Literatur

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5.7. Der Erlkönig <strong>in</strong> Skand<strong>in</strong>avien<br />

Goethe ist e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> naturmagischen Ballade, zu <strong>der</strong> auch <strong>der</strong> Erlkönig gehört.<br />

Der Erlkönig ist e<strong>in</strong> dämonischer Angreifer und e<strong>in</strong>e Metapher für den Tod e<strong>in</strong>es kranken<br />

K<strong>in</strong>des. Goethe schuf die Ballade im Jahre 1782 als E<strong>in</strong>lage zu dem S<strong>in</strong>gspiel „Die<br />

Fischer<strong>in</strong>“. Als E<strong>in</strong>stimmung für das Publikum, summt e<strong>in</strong>e Frauenfigur die Ballade bei <strong>der</strong><br />

Arbeit.<br />

„Der Erlkönig“ beschreibt den nächtlichen Ritt e<strong>in</strong>es Vaters mit se<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>d. 246 Das K<strong>in</strong>d<br />

sieht, vielleicht im Fieber, die Gestalt des Erlkönigs und fühlt sich bedroht. Der Vater kann<br />

den Erlkönig nicht sehen und versucht, mit logischen Erklärungen wie dem Nebel, dem<br />

Rascheln <strong>der</strong> Blätter o<strong>der</strong> dem Schimmer <strong>der</strong> Bäume, se<strong>in</strong>en Sohn zu beruhigen. Das K<strong>in</strong>d<br />

wird aber immer aufgeregter, als <strong>der</strong> Erlkönig es auffor<strong>der</strong>t mit ihm zu kommen. Nun kann<br />

<strong>der</strong> fiebrige Junge auch die Töchter des Erlkönigs sehen.<br />

„Willst, fe<strong>in</strong>er Knabe, du mit mir gehn?<br />

Me<strong>in</strong>e Töchter sollen dich warten schön;<br />

Me<strong>in</strong>e Töchter führen den nächtlichen Reihn<br />

Und wiegen und tanzen und s<strong>in</strong>gen dich e<strong>in</strong>.“<br />

Plötzlich schreit das K<strong>in</strong>d, dass <strong>der</strong> Erlkönig es angefasst habe: „Me<strong>in</strong> Vater, me<strong>in</strong> Vater, jetzt<br />

fasst er mich an! Erlkönig hat mir e<strong>in</strong> Leids getan!“ Der Vater, verzweifelt und <strong>in</strong> schierer<br />

Angst um se<strong>in</strong>en Jungen, versucht nur noch so schnell wie möglich den Hof zu erreichen. Erst<br />

dort bemerkt er, dass das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Armen verstorben ist.<br />

Dem Vater grauset’s; er reitet geschw<strong>in</strong>d,<br />

Er hält <strong>in</strong> Armen das ächzende K<strong>in</strong>d,<br />

Erreicht den Hof mit Mühe und Not;<br />

In se<strong>in</strong>en Armen das K<strong>in</strong>d war tot.<br />

Die Popularität des Erlkönigs war <strong>der</strong>maßen groß, dass sich <strong>der</strong> Text schnell verbreitet hat<br />

und es auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Musik zu e<strong>in</strong>er Aufarbeitung dieses Themas gekommen ist. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

wird <strong>der</strong> Erlkönig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vertonung von Franz Schubert auch heute noch oft gesungen.<br />

Der Stoff dieser Ballade stammt ursprünglich aus Dänemark, dort heißt <strong>der</strong> Erlkönig aber<br />

„Ellerkonge“, was soviel wie Elfenkönig bedeutet.<br />

E<strong>in</strong>em Brief von Friedrich Engels an Karl Marx aus dem Jahr 1860 zufolge, handelt es sich<br />

bei <strong>der</strong> nachfolgende Version, um die „altdänische Kjämpe-Vise“ (Kämpferweise), die vom<br />

deutschen Dichter Johann Ludwig Uhland übersetzt worden war. 247<br />

246 Goethe: Erlkönig, S. 107-108<br />

247 Marx; Engels: Gesamtausgabe (MEGA). Abt. 3 Briefwechsel, S. 46-51<br />

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