Wiedergänger in der skandinavischen Literatur
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2.8. Die christliche Deutung von <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong>n<br />
Im Volksglauben waren Geschichten über <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong> zu genüge vorhanden und so flossen<br />
diese Motive auch <strong>in</strong> das religiöse Leben und die damit verbundenen Schriften mit e<strong>in</strong>.<br />
Geschichten von <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong>n konnten dazu genutzt werden um den Menschen mit<br />
erhobenem Zeigef<strong>in</strong>ger vor Augen zu halten, wie man sich als gottesfürchtiger Christ zu<br />
verhalten hatte, damit e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong> <strong>der</strong>artig grausames Schicksal erspart bleibt. Im Christentum<br />
steht die Idee des Fegefeuers für die Unerlösten als Zwischenstation zwischen Leben und<br />
Erlösung. Die Fast-Existenz im Fegefeuer lässt sich also mit jener von <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong>n<br />
vergleichen. Den armen Seelen im Fegefeuer konnte durch Fürbitten, Almosen und gute<br />
Taten <strong>der</strong> Angehörigen und <strong>der</strong> ganzen restlichen Geme<strong>in</strong>schaft geholfen werden. So konnten<br />
sie auch nach ihrem Tod <strong>in</strong> den Himmel und damit <strong>in</strong> den Kreis <strong>der</strong> Erlösten aufgenommen<br />
werden.<br />
E<strong>in</strong>ige Fälle des Wie<strong>der</strong>gehens blieben nur schwer zu christianisieren und dadurch auch für<br />
die Gläubigen weiterh<strong>in</strong> unerklärlich. Diese Geschichten lebten im Volksglauben weiter. In<br />
Predigten wurden jene <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong>, die die Kirche nicht für belehrende Maßnahmen nutzen<br />
konnte, dem Teufel, und damit dem von Grund auf Bösen, zugeschrieben. Man schürte somit<br />
die Angst <strong>der</strong> Bevölkerung und gerade diese Angst konnte die Menschen wie<strong>der</strong>um zu e<strong>in</strong>em<br />
gottesfürchtigen, <strong>der</strong> Kirche nach richtigem, moralischen Verhalten veranlassen.<br />
Die Frage wie es überhaupt möglich sei, dass Tote umhergehen können ohne das Jesus<br />
Christus sie selbst wie<strong>der</strong> zum Leben erweckt hat, haben die Kirchenväter zu beantworten<br />
versucht. 82 Im Christentum war nach August<strong>in</strong>us (354–430 n.Chr.), dem eigentlichen<br />
Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> christlichen Totenlehre, die Vorstellung verbreitet, dass es sich bei den<br />
Totenersche<strong>in</strong>ungen häufig gar nicht um den Körper o<strong>der</strong> die Seele des Verstorbenen handelt,<br />
son<strong>der</strong>n nur um e<strong>in</strong> geistiges Bild des Toten. Diesen geistigen Bil<strong>der</strong>n sei zu misstrauen, da<br />
sie häufig von Dämonen <strong>in</strong> den Geist o<strong>der</strong> mehr noch <strong>in</strong> die Träume des Menschen gepflanzt<br />
würden. Diese Aussage lässt sich aber nur auf Ersche<strong>in</strong>ungen wie Geister und Gespenster<br />
beziehen, weil diese nicht materiell und nicht greifbar s<strong>in</strong>d. An Tertullian und August<strong>in</strong>us<br />
anknüpfend entsteht im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Erklärungsversuch, dass Gott den bösen Engeln<br />
erlaubt habe <strong>in</strong> die Leichen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuschlüpfen und sie so zu beleben. Die bösen Engel<br />
entsprechen Teufeln, demnach werden alle gläubigen Christen dr<strong>in</strong>gend dazu aufgefor<strong>der</strong>t die<br />
Totenwache abzuhalten.<br />
82 Lecouteux, Geschichte <strong>der</strong> Gespenster und <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong>, S. 62<br />
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