Wiedergänger in der skandinavischen Literatur

4. Wiedergänger in der Literatur
In jeder Kultur gibt es Mythologien, die als Vorbilder für das Phänomen des Wiedergängers
gesehen werden können. Helden begeben sich in die Unterwelt, die Welt der Toten, und
können von dort auch wieder zurückkommen, wie etwa Herakles oder Orpheus, der beim
Rettungsversuch seiner Geliebten Eurydike kläglich scheiterte. Auch Gottheiten begeben sich
in die Unterwelt, aus der sie dann neue, bessere Fähigkeiten mitbringen. Odin beispielsweise,
gewann die Runenweisheit, indem er sich selbst opferte, wie Jesus von Nazaret der sich auch
selbst opferte, aber am dritten Tag nach seiner Kreuzigung wieder auferstand. Zudem kennt
das Neue Testament auch die Wiederbelebung von Verstorbenen, wie im Fall von Lazarus
von Bethanien 182 oder in der Erzählung „Der Jüngling von Naïn“ 183 .
Ein bekannter Wiedergänger in der Literatur ist der „Ewige Jude“ oder auch „Ewiger
Wanderer“ genannt. Der Legende nach hat der jüdische Schuhmacher Ahasver um das Jahr 30
in Jerusalem gelebt, Jesus von Nazaret für einen Ketzer gehalten und alles getan, um dessen
Verurteilung zum Tod am Kreuz durch Pontius Pilatus, den Statthalter des römischen Kaisers,
zu erreichen. Er soll das Volk zu der verhängnisvollen Forderung „Kreuzige ihn!“
aufgestachelt haben. Nachdem Jesus zum Tode verurteilt worden war und sein Kreuz selbst
zur Hinrichtungsstätte Golgota tragen musste, habe ihm Ahasver Jesus auf dem Kreuzweg,
der via dolorosa, eine kurze Rast an seiner Haustür verweigert. Daraufhin soll Jesus ihn
verflucht und damit zur ewigen Wanderschaft bis zum Ende der Welt verdammt haben, ohne
dass er jemals durch den Tod erlöst werden könnte. Seither, so heißt es, wandere Ahasver
durch die ganze Welt ohne nur auch einen Tag rasten zu dürfen. Die einzige Ausnahme ist
jedoch die Heilige Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, denn in dieser Nacht ist es Ahasver
gestattet zu ruhen. Er spreche immer die Landessprache und soll auch schon mehrmals
gesehen worden sein.
Durch eine anonyme deutschsprachige Schrift, das „Volksbuch vom Ewigen Juden“,
erschienen in Leiden 1602, ist diese Geschichte in ganz Europa bekannt geworden und in
Volkslieder und -sagen eingeflossen. 184 Mittels direkten und indirekten Übersetzungen wurde
es auch in Frankreich, Spanien, den Niederlanden, England und Irland, Dänemark und
Schweden und im Baltikum bekannt. 185 Speziell in Dänemark hat das Volksbuch den
Themenkreis vom Ewigen Juden erst begründet, denn erst ab dem Jahr 1657 durften Juden in
182 NT Joh. 11
183 NT Lk. 7, 11-17
184 Wikipedia. Ewiger Jude.
185 Dal: Ahasverus in Dänemark, S. 155
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