Wiedergänger in der skandinavischen Literatur
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2.7. Lebendig begraben<br />
In e<strong>in</strong>igen Kulturen, wie im alten Ägypten, war es durchaus üblich, den Verstorbenen nicht<br />
nur Grabbeigaben <strong>in</strong>s Jenseits mitzugeben, son<strong>der</strong>n auch lebendige Menschen und Tiere,<br />
sodass sie nichts aus ihrem irdischen Leben missen müssten. In den Islän<strong>der</strong>sagas und von<br />
Saxo Grammaticus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Geschichte Dänemarks 70 wird bestätigt, dass man neben Speisen<br />
und Getränken auch Hunde und Pferde mit begraben hat. In vielen Kulturen g<strong>in</strong>g die Ehefrau<br />
mit ihrem Mann zusammen <strong>in</strong> den Tod, um sicherzustellen, dass beide auch nach dem Tod<br />
vere<strong>in</strong>t se<strong>in</strong> würden. Sie wurde zu ihrem verstorbenen Gatten gelegt o<strong>der</strong> mit ihm verbrannt. 71<br />
Dort wo Polygamie üblich war, wurden die Liebl<strong>in</strong>gsfrauen bei lebendigem Leibe zu ihrem<br />
Mann <strong>in</strong>s Grab gelegt und starben dort qualvoll. Es ist auch belegt, dass e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen<br />
Personal für Könige o<strong>der</strong> reiche Leute ihren Herren <strong>in</strong>s Grab folgen mussten o<strong>der</strong> wollten.<br />
„Im Osebergschiff hat die König<strong>in</strong> […] e<strong>in</strong>e Sklav<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Kammer mitbekommen.“ 72 In<br />
machen Fällen g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Mensch auch freiwillig <strong>in</strong> den Tod, weil die verstorbene Person ihm<br />
so viel bedeutet hatte, wie im Fall <strong>der</strong> Freunde Asvitus und Asmundus über die Saxo<br />
Grammaticus <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Geschichte Dänemarks 73 berichtet. 74 Diese Geschichte existiert <strong>in</strong><br />
verschieden Versionen, nachfolgend e<strong>in</strong>e Zusammenfassung aus Otto Graffens zum Ste<strong>in</strong><br />
„Unterredungen aus dem Reiche <strong>der</strong> Geister“ aus dem Jahr 1730. Die beiden Freunde Asvitus<br />
und Asmundus hatten sich so gern, dass sie e<strong>in</strong> Bündnis geschlossen hatten; wenn nach dem<br />
Ableben des e<strong>in</strong>en, würde sich <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e zu ihm <strong>in</strong>s Grab legen und lebendig begraben<br />
lassen. Asvitus starb zuerst, also sollte Asmundus mit e<strong>in</strong>em Pferd und e<strong>in</strong>em Hund mit ihm<br />
kommen. Asmundus wollte aber noch e<strong>in</strong>e gewisse Zeit weiterleben, deshalb nahm er<br />
ausreichend Lebensmittel mit <strong>in</strong>s Grab. Nach e<strong>in</strong>igen Jahren kam das Heer von Eric, dem<br />
König <strong>der</strong> Schweden, an <strong>der</strong> Stelle des Grabes vorbei. Der König ließ das Grab öffnen, weil<br />
<strong>der</strong> Schätze dar<strong>in</strong> vermutete. Asmundus wurde lebendig angetroffen, aber se<strong>in</strong>e Haut war<br />
<strong>in</strong>zwischen leichenfarben und se<strong>in</strong> Haar wild gewachsen. Er hatte Wunden aus denen Blut<br />
und Eiter kamen und ihm fehlte e<strong>in</strong> Ohr. Asmundus hatte über die letzten Jahre folgendes zu<br />
berichten: Der Tote Asvitus sei aufgestanden, habe das Pferd und den Hund gefressen und ihn<br />
danach angefallen, ihm das Ohr abgebissen und wollte ihn zerreißen. Asmundus musste ihm<br />
den Kopf spalten und das Schwert <strong>in</strong>s Herz stoßen, damit Asvitus endlich von ihm abließ.<br />
70 Vergl. Saxo Grammaticus: The History of the Danes V 8:1<br />
71 Jones: Die letzte Reise S. 59<br />
72 Sjøvold: Der Osebergfund, S. 12<br />
73 Saxo Grammaticus: The History of the Danes V<br />
74 Von denen Vampiren o<strong>der</strong> Menschensaugern, S. 444f<br />
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