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Wiedergänger in der skandinavischen Literatur

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5.6. Lenore bei Edgar Allan Poe<br />

Die Verb<strong>in</strong>dung zwischen Liebe und Tod ist e<strong>in</strong> wichtiges Thema beim US-amerikanischen<br />

Schriftsteller Edgar Allan Poe. Er hat dieses Thema <strong>in</strong> den Jahren 1831, mit dem Gedicht<br />

„Lenore“ und 1841, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erzählung „Eleonora“ wie<strong>der</strong> aufgegriffen. Ergänzend muss jedoch<br />

h<strong>in</strong>zugefügt werden, dass <strong>der</strong> selbe Name auch noch im Gedicht „The Raven“ aus dem Jahr<br />

1845 auftaucht. In e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Exkurs wird dieses spezielle Gedicht aber noch genauer<br />

untersucht.<br />

Bei Poe und das ist überaus <strong>in</strong>teressant, ist es allerd<strong>in</strong>gs immer e<strong>in</strong>e Eleonora/Lenore die<br />

verstorben ist und sich unter Umständen auch als Geist bemerkbar macht. Nach e<strong>in</strong>er Aussage<br />

<strong>in</strong> Edgar Allan Poe's Essay „The Philosophy of Composition“ aus dem Jahr 1846 zufolge ist<br />

[…] the death, then, of a beautiful woman is, unquestionably, the most poetical topic <strong>in</strong> the world<br />

— and equally is it beyond doubt that the lips best suited for such topic are those of a bereaved<br />

lover. 237<br />

Das Gedicht „Lenore” wurde 1831 zum ersten Mal veröffentlicht aber <strong>in</strong> den darauf<br />

folgenden Jahren immer wie<strong>der</strong> überarbeitet. Poes Version beg<strong>in</strong>nt mit <strong>der</strong> Beschreibung wie<br />

Lenores Seele über den mythischen Fluss Styx, den Weg <strong>in</strong> den Hades, gleitet.<br />

See! on yon drear and rigid bier low lies thy love, Lenore!<br />

Come! let the burial rite be read - the funeral song be sung! -<br />

An anthem for the queenliest dead that ever died so young -<br />

A dirge for her the doubly dead <strong>in</strong> that she died so young.<br />

Der Erzähler unterstellt, dem Mann, <strong>der</strong> Lenore geliebt hat, sie nicht wirklich geliebt zu<br />

haben, denn sonst würde er um sie trauern und we<strong>in</strong>en. Er habe Lenore lediglich wegen ihres<br />

Reichtums verehrt. Nach ihrem Tod würde er Lobeslie<strong>der</strong> auf sie s<strong>in</strong>gen, doch das war zu<br />

ihren Lebzeiten an<strong>der</strong>s. Mit dem late<strong>in</strong>ischen Wort „Peccavimus“, „wir haben gesündigt“,<br />

drückt <strong>der</strong> Erzähler die Sünden, die gegen Lenore begangen wurden aus; <strong>in</strong>dem ihr Geliebter<br />

Lenores Liebe verrät. Lenore selbst wird vom Erzähler nur <strong>in</strong> positivem Licht gezeigt, sie ist<br />

„the <strong>in</strong>nocence that died, and died so young“.<br />

Da Edgar Allan Poe durchaus die Tendenz zeigt, sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Schaffen zu wie<strong>der</strong>holen, ist<br />

es auch nicht weiter verwun<strong>der</strong>lich, dass <strong>der</strong>selbe Name, meist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>es schönen Mädchens<br />

das verstorben ist, o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Handlungsstrang <strong>in</strong> verschiedenen Werken öfter vorkommt.<br />

Der Bezug zu griechischer und römischer Geschichte und Mythologie f<strong>in</strong>det sich auch <strong>in</strong><br />

Werken wie „To Helen“, „The Coliseum“ und „Tamerlane“, um nur e<strong>in</strong>ige zu nennen, wie<strong>der</strong>.<br />

237 Poe: The Philosophy of Composition, S. 165<br />

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