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Wiedergänger in der skandinavischen Literatur

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8. Zusammenfassung<br />

Als <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong> werden im Volksglauben Verstorbene bezeichnet, die im Grab ke<strong>in</strong>e Ruhe<br />

f<strong>in</strong>den können und deshalb umgehen müssen. Als potentielle <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong> galten alle Toten,<br />

die nicht o<strong>der</strong> ohne die üblichen Rituale bestattet wurden, wie Verbrechensopfer und<br />

Selbstmör<strong>der</strong>. Als beson<strong>der</strong>s gefährlich sah man Erhängte, Hexer, Magier und soziale<br />

Außenseiter an, die schon zu Lebzeiten Angst e<strong>in</strong>flößten und die deshalb von <strong>der</strong><br />

Bevölkerung gemieden wurden. <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong> zeigen sich sowohl nachts als auch tagsüber <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Nähe ihres Hauses auf ihren Län<strong>der</strong>eien, am Ort ihres Todes o<strong>der</strong> ihres Verbrechens. In<br />

den W<strong>in</strong>termonaten und <strong>der</strong> Weihnachtszeit ist ihr Auftreten beson<strong>der</strong>s häufig. Um die<br />

Entstehung von <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong>n zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n kennt <strong>der</strong> Volksglaube zahlreiche Mittel, die<br />

zwar regionale Prägungen aufweisen, aber auffällige Geme<strong>in</strong>samkeiten <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Kulturkreisen zeigen. E<strong>in</strong>e Son<strong>der</strong>form des <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong>s ist <strong>der</strong> Vampir, welcher sich von<br />

Blut ernährt.<br />

<strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong> waren schon <strong>in</strong> den Islän<strong>der</strong>sagas, <strong>der</strong> isländischen <strong>Literatur</strong> des Mittelalters,<br />

unter den verschiedensten Namen bekannt. Doch <strong>in</strong> allen Sagas, ist die Bedrohung durch<br />

Untote real, ihr Auftreten wird als reale Geschehnisse berichtet. Der <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong> erfüllt<br />

nicht die literarische Funktion als böser Wi<strong>der</strong>sacher o<strong>der</strong> guter Helfer wie <strong>in</strong> Märchen.<br />

Die berühmteste Ballade, die sich dem <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong>-Motiv angenommen hat, ist Gottfried<br />

August Bürgers „Lenore“. Bürger hat mit diesem Werk e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> ersten Kunstballaden<br />

geschaffen. Die Ballade nach dem Typ „Lenore“, mit e<strong>in</strong>em auferstandenen Toten als Motiv,<br />

ist auch <strong>in</strong> vielen skand<strong>in</strong>avischen Varianten bekannt. Da die tagelange Trauer se<strong>in</strong>er Braut,<br />

ihn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Totenruhe stört, steht er aus se<strong>in</strong>em Grab auf um sie zu Bitten, mit dem We<strong>in</strong>en<br />

aufzuhören und nicht weiter um ihn zu trauern. In e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> zwei existierenden Varianten <strong>der</strong><br />

dänischen Ballade „Fæstemanden i Graven“, abgedruckt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sammlung „Danmarks gamle<br />

folkeviser“ als Nr. 90. Der Gegenstand des <strong>Wie<strong>der</strong>gänger</strong>s wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Balladen-<br />

Typ mit dem Motiv <strong>der</strong> bösen Stiefmutter verknüpft wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> dänischen Ballade „Mo<strong>der</strong>en<br />

un<strong>der</strong> Mulde“.<br />

Im Volksmärchen f<strong>in</strong>det man das Lenore-Motiv als „Der tote Bräutigam trägt se<strong>in</strong>e Braut<br />

davon (Lenore)“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Übernatürlichen Gegenspieler im Verzeichnis <strong>der</strong><br />

Märchentypen nach Aarne-Thompson unter <strong>der</strong> Nummer AaTh 365. Dieser Märchentyp war<br />

beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Island sehr beliebt. In diesem Rahmen soll das isländische Märchen „The<br />

Deacon of Myrká“ besprochen werden.<br />

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