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Wiedergänger in der skandinavischen Literatur

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Sie hob ihn bleichend auf se<strong>in</strong> Pferd.<br />

„Reit heim nun zu de<strong>in</strong>e'm Fräule<strong>in</strong> wert.“<br />

[…]<br />

„Und sollt sie nicht se<strong>in</strong> blaß und bleich,<br />

Ich traf <strong>in</strong> Erlenkönigs Reich.“<br />

[…]<br />

Die Braut hob auf den Scharlach rot,<br />

Da lag Herr Oluf, und er war tot.<br />

Beiden Balladen liegt e<strong>in</strong>e Volksballade zugrunde, <strong>in</strong> <strong>der</strong> es um e<strong>in</strong>en nächtlichen Ritt und<br />

das Reich des Erlkönigs geht. Nach <strong>der</strong> unheilvollen Begegnung mit dem Jenseitigen kommt<br />

es am Ende zum Tod des Betreffenden. In beiden Balladen liegt e<strong>in</strong> Wechselgespräch vor, das<br />

die, aus den Gegensätzen entstehenden Spannung, dramatisch unterstreicht. Das Locken und<br />

Umwerben <strong>der</strong> Gestalt aus dem Jenseits steigert sich zunehmend bis es zu e<strong>in</strong>em<br />

unheimlichen Zupacken mit tödlichem Ausgang kommt. Die wohl naheliegendste<br />

Interpretation dieses Motivs ist, dass <strong>der</strong> Mensch dieser mächtigen, dämonischen Gewalt<br />

schutzlos gegenüber steht, mehr noch, ihr ausgeliefert zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t.<br />

Vergleicht man die Version des Erlkönigs von Goethe mit <strong>der</strong> von Her<strong>der</strong>, so kann<br />

festgehalten werden, dass es sich bei Goethe um den Erlkönig selbst handelt, und nicht um<br />

se<strong>in</strong>e Tochter, wie das bei Her<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fall ist. In Goethes Version <strong>der</strong> Ballade reiten Vater<br />

und Sohn durch die Nacht, bei Her<strong>der</strong>ist die Hauptfigur <strong>der</strong> Bräutigam am Vorabend se<strong>in</strong>er<br />

Hochzeit. Bei Her<strong>der</strong> wird <strong>der</strong> Zweck des nächtlichen Ritts angegeben, bei Goethe wird ke<strong>in</strong><br />

Grund genannt; es ist ke<strong>in</strong>e Rede von e<strong>in</strong>em bereits kranken K<strong>in</strong>d, das etwa zum Arzt<br />

gebracht werden muss. Statt e<strong>in</strong>es Dialogs zwischen Mensch und dem Wesen aus dem<br />

Jenseits, <strong>in</strong> Her<strong>der</strong>s Fall die Tochter des Elfenkönigs, f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Goethes Erlkönig e<strong>in</strong> Gespräch<br />

zwischen Vater und Sohn statt, dabei werden lediglich die Lockrufe des Erlkönigs aus dem<br />

Jenseits wahrgenommen. Bei Goethes Fassung erwächst die Bedrohung geradezu aus <strong>der</strong><br />

Landschaft heraus, während bei Her<strong>der</strong> die Landschaft nur h<strong>in</strong>tergründig angedeutet wird.<br />

Goethes Ballade wurde von Adam Oehlenschläger <strong>in</strong>s Dänische übersetzt. Nachfolgend e<strong>in</strong><br />

Auszug aus <strong>der</strong> letzten Strophe <strong>der</strong> Ballade „Ellekongen (Efter Goethe)“ 250 , die den Tod des<br />

K<strong>in</strong>des beschreibt.<br />

250 Oehlenschläger, Adam: Samlede Digte.<br />

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