Pferdgestützte Psychomotoriktherapie bei Jugendlichen mit ... - BSCW
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Wie ich ar<strong>bei</strong>te... ja das ist so unterschiedlich wie die Kinder, die kommen.<br />
Einen Jungen hatte ich, der war sehr lange <strong>bei</strong> mir in der Therapie und nach 1.5 Jahren hat<br />
sich wie der Therapieraum erschöpft. Er hatte schon alles Material ausprobiert. Er hatte taktil-kinästhetische<br />
Probleme gehabt, Dinge anfassen und spüren, Körper spüren, Gleichgewicht<br />
unsicher, Koordination schwierig, eigentlich ein klassisches PMT Kind. (débilité motrice:<br />
ungeschickt <strong>mit</strong> Wahrnehmungsproblematik) Der fand die Esel so toll. Es war nur schon<br />
spannend zuzuschauen, wie er ein Tier anfasst. Das Fell, er musste das wirklich ausprobieren,<br />
wie fest darf ich hinlangen wie nicht. Striegeln, eine Hand still halten und <strong>mit</strong> der anderen<br />
kreiseln, das war sehr anspruchsvoll. Er ist sehr gern geritten, hatte auch keine Angst. Zu<br />
Beginn hatte er ein so schlechtes Körpergefühl, dass er nicht gemerkt hat, wenn er schief<br />
gesessen ist. Geritten ist er dann auf dem Kleinpferd, zum Reiten sind die Esel fast ein bisschen<br />
zu klein, er war ein grossgewachsener Bub. Da war wirklich motorisches und Wahrnehmungstraining<br />
was ich machen konnte, was zudem immer dem Tier zugute kam. Er hat<br />
es auch gemacht, da<strong>mit</strong> er nachher rauf sitzen durfte. Zu Beginn haben wir auf alle möglichen<br />
Arten zum Beispiel versucht die Gurtschnallen zuzumachen. Dies haben wir zum Beispiel<br />
auch <strong>mit</strong> Augen zu gemacht. Es brauchte für ihn enorm viel <strong>mit</strong> diesen Gurtschnallen<br />
zurecht zu kommen. Er wurde eben sehr durch die Aussicht nachher noch aufsitzen zu können<br />
motiviert.<br />
Bei einem anderen Mädchen ging es mehr um das Selbstvertrauen. Sie war extrem schüchtern<br />
und schlacksig, ist sehr schnell gewachsen und hatte auch Mühe <strong>mit</strong> ihrem Körper. Allgemein<br />
wurde sie noch gehänselt eben weil sie grösser war als alle anderen. Bei ihr ging es<br />
mehr darum sich hinzustellen, zum Pferd sagen Halt und Lauf. Das haben wir zuerst <strong>mit</strong> den<br />
Pferden geübt, später <strong>mit</strong> den Eseln, das ist herausfordernder. Den Eseln muss man es ganz<br />
deutlich sagen, was man will, weil sonst meint der Esel: ja wenn du das nicht ernst meinst<br />
dann tu ich das nicht. Man darf auch mal voll in den Strick hinein „liegen“, um seinen Willen<br />
durchzusetzen. Bei mir sehen es die Kinder auch, mir folgen die Esel auch nicht immer. Man<br />
muss wirklich einfach hinstehen und voll klar sein. Dies ist ein wunderbares Übungsfeld,<br />
denn sobald du es richtig und überzeugt machst, ist der Esel auch gewillt <strong>mit</strong>zumachen. Das<br />
Pferd ist vielmehr Hierarchie-Tier und lässt sich schneller in etwas hinein drücken. Esel haben<br />
eine grössere Selbstverantwortung.<br />
Dann war da noch ein Mädchen <strong>mit</strong> einer etwas diffusen Anmeldung. Sie war schon etwas<br />
älter, in der vierten oder fünften Klasse, die Eltern waren getrennt, Mutter hatte Depressionen.<br />
Das Kind war zudem etwas dick und eine Aussenseiterin. Wurde in der Schule auch gemobbt.<br />
Sie wollte auch unbedingt lernen reiten. Motorisch hatte sie in diesem Sinne keine<br />
Probleme, ausser dass sie ein bisschen schwerfällig war vom Gewicht her. Ihr hat es nur<br />
schon gut getan, etwas für sich zu haben und sagen zu können ich gehe reiten! Dies gab ihr<br />
einen ganz anderen Stellenwert in der Klasse. Dort ging es mehr um ihr etwas Besonderes zu<br />
ermöglichen, was sie auch nach aussen repräsentieren konnte und umgekehrt hatte sie auch<br />
die Möglichkeit mir Dinge zu erzählen. Denn es ist auch sehr spannend, dass Menschen auf<br />
dem Pferd manchmal sprechen wie Wasserfälle. Durch das getragen werden, den Rhythmus<br />
und die Schaukelbewegungen, die sehr an intrauterinen Erfahrungen anknüpft. Dies ist speziell<br />
<strong>bei</strong> kleineren Pferden so, da die Schrittlänge ähnlich wie <strong>bei</strong>m Menschen ist. Man<br />
kommt dadurch in einen geborgenen Zustand. Dieses Mädchen war aber auch heikel, da sie<br />
sehr problembewusst war und auch genau filterte was sie wem sagen möchte. Dort ging es<br />
wirklich mehr darum ihr Boden unter den Füssen und Sicherheit zu geben.<br />
Ein Mädchen hätte ich jetzt noch, welches ich gerne zu den Pferden nehmen möchte. Nur<br />
will die Mutter das nicht. Denn die ältere Schwester dieses Mädchens möchte schon lange<br />
<strong>Pferdgestützte</strong> <strong>Psychomotoriktherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Jugendlichen</strong> <strong>mit</strong> Depressionen 101<br />
Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik