Pferdgestützte Psychomotoriktherapie bei Jugendlichen mit ... - BSCW
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III. Gefühl der Sicherheit<br />
Das Pferd lässt jedem Raum für den ersten Schritt, es stellt keine Bedingungen. Da Pferde<br />
hochsensible Fluchttiere sind, legen sie eine hohe Sensibilität zu Tage, wenn sie auf den<br />
Menschen zugehen. Das Pferd geht auf den Menschen ein und passt sich an. Es versucht<br />
solange auf den Menschen einzugehen, bis es an seine Grenzen stösst. Dies sieht man an<br />
einer dann folgenden Geste des Pferdes, die wiederum zeigt, dass heftige Emotionen vorhanden<br />
sind und der Mensch erst an sich ar<strong>bei</strong>ten muss, bevor das Pferd weiterhelfen kann.<br />
Das Tier verstellt sich nicht, ist völlig klar in seiner Körpersprache, wie seine Befindlichkeit<br />
gerade ist. Für die meisten Klientinnen und Klienten ist es eine Wohltat nicht alles verbalisieren<br />
zu müssen, sondern auf der körpersprachlichen Ebene zu kommunizieren. Pferde lügen<br />
nicht und machen keine leeren Versprechungen, dadurch kann man dem Tier vertrauen.<br />
Durch die räumliche Entfernung vom Alltag, sowie olfaktorische und taktile Andersartigkeiten<br />
der Umgebung der Pferde, fühlt es sich an, wie auf einer entfernten Insel. Alles ist<br />
anders, von der Bodenbeschaffenheit bis zum Geruch. Die Klientel taucht in diese Welt ein,<br />
fühlt sich darin geborgen und kann sich an diesem Rahmen orientieren.<br />
Gerade Linien, klare Übergänge oder Parcours <strong>mit</strong> klarem Ablauf helfen gegen Verwirrung<br />
und Orientierungslosigkeit. Es wird keine Leistung verlangt und so<strong>mit</strong> kein Druck auf die<br />
Klientel ausgeübt.<br />
IV. Gefühl der Selbstwirksamkeit<br />
Die Alltagsstruktur des Pferdes bietet viele Möglichkeiten, um Verantwortung zu übernehmen.<br />
Das Füttern der Pferde, das Ausmisten, die Pferde bewegen, sie pflegen, ihnen eine<br />
Belohnung geben und viele andere Tätigkeiten können ausgeführt werden. Da<strong>bei</strong> fühlt sich<br />
der Mensch wirksam. Er ist zudem der Chef und hat da<strong>mit</strong> verantwortungsvoll umzugehen.<br />
Beim Reiten wird man von sichtbaren Erfolgserlebnissen bestärkt: Das Anreiten, Anhalten<br />
und Lenken resultieren direkt aus der eigenen Körperhandlung. Das Pferd läuft zudem am<br />
besten, wenn die Klientel richtig sitzt. Dadurch wird ein Gefühl wie ein leichtes Schweben<br />
ausgelöst, was sich für die Reitperson gut anfühlt. Dies bildet einen Gegenpol zur Schwere,<br />
welche eine Depression <strong>mit</strong> sich bringt. Das Lernen der Zügelführung ist wichtig, um sich<br />
weniger hilflos zu fühlen und direkt etwas bewirken zu können.<br />
Auch <strong>bei</strong>m Führen eines Pferdes sind die Erfolge sichtbar. Tritt man selbstbestimmt auf und<br />
zeigt keine Unsicherheit, wird das Pferd dem Menschen folgen. Rituelles Vorgehen ver<strong>mit</strong>telt<br />
der Klientel Sicherheit, sie kann sich daran orientieren und sich in diesem Rahmen als<br />
selbstwirksam erleben.<br />
V. Gefühl des Wohlbefindens<br />
Die ganze Atmosphäre rund ums Pferd schafft Geborgenheit. Es fühlt sich ganzheitlich anders<br />
an. Andere Klänge liegen in der Luft, die Bodenbeschaffenheit ist unterschiedlich, es<br />
riecht anders, kurzum alle Sinne werden da<strong>bei</strong> angesprochen.<br />
Das Tier hat ganz grundsätzlich einen wohltuenden Einfluss auf Menschen <strong>mit</strong> einer psychischen<br />
Erkrankung, sowie auch auf gesunde Menschen. Beim depressiven Mensch kann es<br />
zum Beispiel sehr düstere Momente auffangen. Man kann Kontakt <strong>mit</strong> dem Pferd erfahren,<br />
sich wärmen, spüren und Nähe zulassen. Besonders für junge Männer ist es eine Möglich-<br />
<strong>Pferdgestützte</strong> <strong>Psychomotoriktherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Jugendlichen</strong> <strong>mit</strong> Depressionen 62<br />
Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik