Pferdgestützte Psychomotoriktherapie bei Jugendlichen mit ... - BSCW
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so<strong>mit</strong> verlässlich und in Erziehungsprozessen einplanbar sind. Auch in<strong>mit</strong>ten einer Kinderschar<br />
ändern Pferde ihr Verhalten kaum. Ausserdem sind Pferde „einfühlsam“ und „rücksichtsvoll“,<br />
bleiben zum Beispiel stehen wenn sie spüren, dass ein Kind vom Rücken herunterzufallen<br />
droht. Sie haben ein feines Gespür für Stimme und Stimmungen und zeigen<br />
Angst, Ungeduld, Unruhe oder reagieren auf falsche Behandlung und fordern dadurch das<br />
Kind zum Handeln bzw. Reagieren auf. Gegenüber dem Menschen zeigen Pferde Zurückhaltung,<br />
was <strong>bei</strong> sozial beeinträchtigten Kindern eine besonders wichtige Eigenschaft ist. Pferde<br />
lassen sich umwerben, zeigen ihre Zuneigung und reagieren artgerecht ohne sich verstellen<br />
zu können. Sie rächen sich nicht und strafen nicht, wie es Menschen tun und sind gutmütig,<br />
aber sie vermögen auf schlechte Erfahrungen negativ zu reagieren. Für verhaltensauffällige<br />
Kinder sind solche Erfahrungen besonders wichtig, da sie so erleben können, dass ihr abweichendes<br />
Verhalten nicht unbedingt und nicht überall aggressive Reaktionen hervorruft.<br />
Die hier erwähnten Eigenschaften des Pferdes sind besonders geeignet, Urvertrauen zu bilden,<br />
was <strong>bei</strong> verhaltensauffälligen Kindern sehr wichtig ist.<br />
M. Gäng weist darauf hin, dass Kinder dem Pferd gegenüber Respekt, Angst, Bewunderung<br />
und Liebe empfinden und dass diese Dinge pädagogisch bekannt sind als Voraussetzungen<br />
für Erziehungs- und Lernprozesse. Durch seine Gestalt und durch sein Wesen vermag das<br />
Pferd, <strong>bei</strong> verhaltensauffälligen Kindern, Verhaltensweisen zu bewirken, die diese Kinder im<br />
Normalfall verweigern würden.<br />
Der Körperrhythmus des Pferdes überträgt sich auf die Reitperson und die Bewegung, sowie<br />
die Wärme des Pferdeleibes, sprechen wohltuend auf direktem Weg den Gefühlsbereich der<br />
Klientel an. Verkrampfungen körperlicher wie auch seelischer Art können sich lösen. Zusätzlich<br />
wird das Gleichgewichtsempfinden gefördert. Das Pferd kann als ein lebendes Wesen<br />
zum echten Partner werden (vgl. Gäng, 2006).<br />
Dadurch, dass das Pferd nicht nur seinen Körper anbietet, sondern zusätzlich <strong>mit</strong><br />
all seinen Ausdrucksformen wie Körperhaltung, Mimik und Stimmäusserung beteiligt<br />
ist, fordert es direkt zur emotionalen und verbalen Kontaktaufnahme und Auseinander-<br />
setzung heraus, dadurch kann sich das Körperbewusstsein als eine Grundform des<br />
Selbstbewusstseins entwickelt.<br />
(Gäng, 2004, S. 29)<br />
Weil das Reiten und der Umgang <strong>mit</strong> dem Pferd das Bedürfnis nach positiver Zuwendung<br />
befriedigen (und da<strong>mit</strong> die Störungsursache erreicht wird) und weil soziale Fertigkeiten trainiert<br />
werden, indem dem Kind Möglichkeiten des Kontakts und der sozialen Betätigung verschafft<br />
werden, die anders gar nicht mehr vom Kind akzeptiert würden, kann das heilpädagogische<br />
Reiten in idealer Weise dazu <strong>bei</strong>tragen, positive Sozialisationsprozesse in Gang zu<br />
setzen und Störungen zu beheben (vgl. Gäng, 2004).<br />
Bei der Auswahl des geeigneten Reittiers zeigt sich, dass der gutmütige Charakter des ausgewählten<br />
Tieres und ebenso die Sympathie der Reitpädagogin bzw. des Reitpädagogen zu<br />
ihrem bzw. seinem Tier entscheidender sind, als die Pferderasse. Das Tier sollte, was den<br />
Charakter betrifft, weder zu temperamentvoll, stürmisch oder draufgängerisch, noch zu<br />
phlegmatisch, dass es immer wieder angetrieben werden muss, sein. Es versteht sich von<br />
alleine, dass das Therapiepferd keine gravierenden Unarten wie Beissen, Bocken oder Ausschlagen<br />
haben darf. Aber das ausgewählte Tier darf ruhig etwas sensibel und ängstlich sein<br />
und sollte seinen Unmut kundtun können. Wenn mehrere Pferde oder Ponys zur Verfügung<br />
<strong>Pferdgestützte</strong> <strong>Psychomotoriktherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Jugendlichen</strong> <strong>mit</strong> Depressionen 35<br />
Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik