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1 Regionalentwicklung der Oberlausitz Chancen und ... - IHI Zittau

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130 Albert Löhr<br />

realistisch o<strong>der</strong> utopisch sind. Im Sinne <strong>der</strong> oben skizzierten Prinzipien <strong>der</strong> „Regionalen<br />

Vorausschau“ sollte jedoch klar sein, dass die For<strong>der</strong>ung nach einem „multi-disziplinären<br />

Ansatz“ nicht einfach eine beliebige Addition von Geistesblitzen heißen kann, son<strong>der</strong>n<br />

eine systematisch geordnete Zusammenschau erfor<strong>der</strong>t. Wie bereits angedeutet, sind wir<br />

für die <strong>Oberlausitz</strong> davon noch weit entfernt, wir befi nden uns quasi im Stadium <strong>der</strong> Ideensammlung<br />

<strong>und</strong> sind noch nicht beim Konzept, schon gar nicht bei einem Konzept, das von<br />

allen Seiten einvernehmlich getragen wird. Das Vorliegen regionaler Entwicklungspläne ist<br />

da zwar sicher ein Schritt voran, bei dem aber offen bleiben muss, ob er konsequent in die<br />

richtige Richtung geht, wenn man etwa konstatieren muss, dass Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft<br />

bislang eher als Fußnoten denn als Schlüsselbranchen vorkommen. 21<br />

Um den bisherigen Gedanken eine neue Perspektive hinzuzufügen, möchte ich es als<br />

Sozialwissenschaftler an dieser Stelle wagen, die Zukunftsperspektiven als ein Problem<br />

<strong>der</strong> f<strong>und</strong>amentalen Werteordnung <strong>der</strong> Gesellschaft zu charakterisieren <strong>und</strong> an einigen Beispielen<br />

aufzeigen, welche Herausfor<strong>der</strong>ungen dies beinhaltet. Als konzeptionellen Orientierungsrahmen<br />

erlaube ich mir ein einfaches Modell des Organisationstheoretikers<br />

Edgar Schein anzubieten, aus dem klar werden soll, wie tief verankert <strong>und</strong> daher schwer<br />

zu transformieren die kulturelle Wertebasis einer Gesellschaft ist.<br />

Schein versteht unter dem Begriff <strong>der</strong> Organisationskultur, den man sinngemäß<br />

auch für eine Regionalkultur unterstellen kann, den „gemeinsam geteilten Bestand an<br />

Verhaltensweisen, gelebten Normen <strong>und</strong> Werten, sowie den dahinter liegenden Basisannahmen“.<br />

22 Er unterscheidet damit drei Ebenen des Kulturbegriffes, die systematisch<br />

aufeinan<strong>der</strong> bezogen sind:<br />

Ebene 1: Artefakte 23<br />

Das sind die sichtbaren Ausdrücke <strong>der</strong> Kultur, die zwar oft schon für „die Kultur“ gehalten<br />

werden, wegen ihrer Oberfl ächlichkeit aber interpretationsbedürftig sind:<br />

Symbole, 24 Rituale, Zeremonien, Feste, Flaggen, Geschichten, Legenden, Anekdoten, Mythen, 25<br />

Dialekt, Sprache, Architektur, Bekleidungsregeln, Machtsymbole usw.<br />

Ebene 2: Bek<strong>und</strong>ete Normen 26 <strong>und</strong> Werte 27<br />

Die notwendigen Interpretationen versucht man als „espoused justifi cations“ teilweise<br />

sichtbar zu machen, sie bleiben aber auch in weiten Bereichen unbewusst:<br />

Leitbil<strong>der</strong>, Strategien, Philosophien, Entwicklungsziele<br />

21 Vgl. hierzu jedoch die Entwicklung <strong>der</strong> Entwürfe zum Kreisentwicklungskonzept Löbau-<strong>Zittau</strong> o<strong>der</strong> das jüngste Projekt<br />

„Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept (ILEK) <strong>Oberlausitz</strong>“, in denen „Bildung“ als Faktor verankert wurde; vgl. dazu<br />

ALBERT LÖHR, Bildung als Standortfaktor <strong>der</strong> <strong>Oberlausitz</strong>, in: ANTON STERBLING (Hrsg.), Migrationsprozesse. Probleme von<br />

Abwan<strong>der</strong>ungsregionen, Identitätsfragen (Beiträge zur Osteuropaforschung 12), Hamburg 2006, S. 235-253.<br />

22 Vgl. hierzu EDGAR HENRY SCHEIN, Coming to a New Awareness of Organizational Culture,:Sloan Management Review,<br />

Vol. 25 (1984), No. 2, S. 3-16.<br />

23 Artefakt = künstliches, durch menschliches Handeln hergestelltes Phänomen.<br />

24 Symbol = Zeichen mit einem Bedeutungsgehalt, <strong>der</strong> über eine bloße Beschreibung hinausgeht in einem Auffor<strong>der</strong>ungscharakter<br />

(Bsp.: ein STOP-Schild an <strong>der</strong> Straßenkreuzung).<br />

25 Mythen = Weltbil<strong>der</strong>, die nicht zwischen deskriptiven <strong>und</strong> normativen Aussagen unterscheiden <strong>und</strong> deshalb nicht kritisierbar<br />

sind (Bsp.: Heldengeschichten <strong>und</strong> Legenden)<br />

26 Normen = Handlungsauffor<strong>der</strong>ungen (Sollens-Sätze), die in einer Kultur als personen- <strong>und</strong> situationen-übergreifende<br />

Regeln relativ stabil gelebt werden.<br />

27 Werte = Zustandsbeschreibungen (Seins-Sätze), von einer bestimmten Gruppe geteilte Lebensziele, die bewahrt, gepfl egt<br />

o<strong>der</strong> erstrebt werden sollen.

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