1 Regionalentwicklung der Oberlausitz Chancen und ... - IHI Zittau
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<strong>Regionalentwicklung</strong> <strong>der</strong> <strong>Oberlausitz</strong> 135<br />
denn sie gefährden die Wettbewerbsposition <strong>und</strong> begünstigen an<strong>der</strong>e, die sich diese<br />
„Irrationalitäten“ nicht leisten. Im Wettbewerb zu bestehen, insbeson<strong>der</strong>e auch als<br />
Arbeitgeber, bedeutet also eine Leistung nach bestimmten Spielregeln zu erbringen,<br />
<strong>der</strong> durchaus mehr Achtung <strong>und</strong> Respekt entgegen gebracht werden sollte. Kann es eine<br />
solche Transformation im gesellschaftlichen Bewertungssystem geben?<br />
Dort, wo man als einzelner zu schwach ist, um im Wettbewerb zu bestehen, muss<br />
man Kooperation eingehen, sei es in Form einer Gründung von Institutionen (Unternehmungen,<br />
Verbände, Gewerkschaften usw.) o<strong>der</strong> strategische Allianzen in Form von<br />
Kooperationsnetzwerken. So gesehen würde die Theorie in <strong>der</strong> individuell chronisch<br />
wettbewerbsschwachen <strong>Oberlausitz</strong> im Gr<strong>und</strong>e Kooperationen durch Netzwerk- <strong>und</strong><br />
Institutionenbildung erwarten, um <strong>der</strong> faktischen Marktmacht <strong>der</strong> internationalen Konkurrenten<br />
nicht hoffnungslos zu unterliegen. Chronisch wettbewerbsschwach ist die<br />
<strong>Oberlausitz</strong> in vielen Branchen deshalb, weil wir von „zersplitterten Branchen“ innerhalb<br />
<strong>der</strong> Region ausgehen müssen, die sich im überregionalen Wettbewerb nur schwer<br />
behaupten können. Nach Michael Porter (Strategy) sind „zersplitterte Branchen“ durch<br />
eine Vielzahl kleiner <strong>und</strong> mittelgroßer Unternehmen gekennzeichnet, die relativ unterschiedliche<br />
Leistungen anbieten. Branchenführer, die die Macht besitzen, die Ereignisse<br />
in <strong>der</strong> Branche zu steuern, fehlen. Bei <strong>der</strong> Formulierung einer Wettbewerbsstrategie in<br />
<strong>der</strong>art zersplitterten Branchen gibt es zahlreiche strategische Fallen, zum Beispiel ist das<br />
Streben nach Dominanz sinnlos o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Versuch einer zu starken Zentralisierung <strong>und</strong><br />
Vereinheitlichung gefährlich. 30 Kooperationen müssen daher die vielen unterschiedlichen<br />
Stärken aufgreifen <strong>und</strong> sinnvoll zusammenagieren.<br />
Es ist in diesem Zusammenhang eine spezifi sche Misstrauenskultur zu beobachten,<br />
die die Entwicklung von stabilen Kooperationen hemmten. Ich benenne hier thesenhaft<br />
zwei Faktoren. Zum einen mangelt es an Gr<strong>und</strong>vertrauen in Kooperationspartner,<br />
verschärft im interkulturellen Kontext. Es ist hier nicht <strong>der</strong> nötige Platz, um darüber<br />
zu räsonnieren, wie sich dieses elementare Misstrauen in die Möglichkeit von Kooperationen<br />
begründet. Sicher mögen vergangene Enttäuschungen seit <strong>der</strong> Wendezeit,<br />
eine starke kulturelle Selbstbezogenheit o<strong>der</strong> tief sitzende Vorurteile eine Rolle spielen,<br />
aber auf <strong>der</strong> Suche nach ökonomischen <strong>Chancen</strong> dürften solche „Sentimentalitäten“<br />
mittlerweile eigentlich keinen Platz mehr haben. Die Transformation heraus aus einer<br />
Misstrauenskultur zu einer Vertrauenskultur muss vollzogen werden, 31 um in <strong>der</strong> Region<br />
entscheidende Kooperationsvorteile zu realisieren, sonst kann es keine positive Entwicklung<br />
geben. Ernsthafte Kooperationen können dabei aus dem latenten Misstrauen<br />
heraus nur in Gang gebracht werden, wenn (1) kooperative Abmachungen in Erwartung<br />
ihrer Einhaltung überhaupt getroffen werden <strong>und</strong> (2) diese Erwartungen in Form einer<br />
wechselseitigen Verlässlichkeit permanent bestätigt werden. Vertrauen <strong>und</strong> eine Vertrauenskultur<br />
ergeben sich dann als Resultat solcher Prozesse <strong>und</strong> schaffen eine stabile Basis<br />
für weitere Kooperationen.<br />
30 Hier wäre sicher eine Diskussion zwischen dem Strategieguru MICHAEL E. PORTER, Competitive Strategy. Techniques for<br />
Analyzing Industries and Competitors. New York, Free Press 1980 (dt.: Wettbewerbsstrategie. Frankfurt, Campus 1983, 1999);<br />
<strong>und</strong> den Thesen von KLAUS VON DOHNANYI / EDGAR MOST, Für eine Kurskorrektur beim Aufbau Ost, Thesenpapier, 10. Februar<br />
2004, interessant – brauchen wir Leuchttürme o<strong>der</strong> Lichterketten?<br />
31 Die Unterscheidung zwischen Misstrauenskultur <strong>und</strong> Vertrauenskultur übernehme ich von KNUT BLEICHER, Die Organisation<br />
mit Zukunft, in: IBM-Nachrichten 38 (1988), Heft 292, S. 7–13.