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1 Regionalentwicklung der Oberlausitz Chancen und ... - IHI Zittau

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134 Albert Löhr<br />

Distanz neugierig begutachten – wer erinnert sich da nicht an die Feiern zum 1. 5. 2004.<br />

Schwieriger wird es dort, wo statt interkultureller Neugier Rückzug <strong>und</strong> Abschottung in<br />

ein provinzielles Denken um sich greifen. Vorschub leisten diesem Rückzug in eine kulturelle<br />

Autopoiesis <strong>der</strong> Region viele Faktoren, von Kirchturmpolitik über gesellschaftliche<br />

Veranstaltungen <strong>und</strong> nationalstaatlichen Bürokratismus bis hin zu lokal beschränkten<br />

Medien. Man darf diesen provinziellen Selbstbezug dabei nicht sofort verurteilen, denn<br />

zum einen sind lokale Selbstfi ndungsprozesse durchaus nötig für eine kulturelle Identität,<br />

<strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en muss man anerkennen, dass die turbulenten Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

neuen <strong>Oberlausitz</strong>er Lebenswelt mit ihren allseits hereinstürzenden Zumutungen nach<br />

Jahrzehnten des geregelten Lebens „am Rande“ viele Menschen nicht als Chance, son<strong>der</strong>n<br />

als Bedrohung empfi nden.<br />

Dennoch muss gelten, dass für die Zukunft <strong>der</strong> <strong>Oberlausitz</strong> eine Transformation<br />

von kultureller Geschlossenheit hin zu kultureller Offenheit Erfolgsvoraussetzug ist. An<br />

<strong>der</strong> Schnittstelle <strong>der</strong> Kulturen darf Internationalität kein „Mitlaufposten“ sein, <strong>der</strong> nur<br />

bei Feiern heraufbeschworen <strong>und</strong> in oberfl ächliche Symbole verpackt wird, son<strong>der</strong>n<br />

sie muss zum „gelebten Alltag“ <strong>der</strong> Menschen werden. Erste Maßnahmen in diese<br />

Richtung könnten darin liegen, dass die Zentren <strong>und</strong> wichtigen Punkte – mindestens<br />

– viersprachig ausgeschil<strong>der</strong>t werden <strong>und</strong> „Menschen mit viel Zeit“ sich daran machen,<br />

die Sprachen ihrer Nachbarn zu erlernen <strong>und</strong> ihre Kulturen zu erk<strong>und</strong>en. Da Sprachen<br />

immer ein Kondensat von Kulturen sind, folgt aus dem Erlernen von Fremdsprachen<br />

fast zwangsläufi g jene kulturelle Öffnung, die die <strong>Oberlausitz</strong> noch entwickeln muss.<br />

Irgendwann würde dieses Projekt dann, so die Hoffnung, in ein umfassendes Bedürfnis<br />

nach „Bildung“ münden – eine Eigenschaft, die alle großen Regionen auszeichnet, die<br />

sich als Hort interkultureller Begegnung verstehen <strong>und</strong> Europa als Vision letztlich defi -<br />

nieren. 29 Bildungsinstitutionen hält die <strong>Oberlausitz</strong> übrigens bereit.<br />

(4) Von <strong>der</strong> Konkurrenz zur Kooperation<br />

Ein vierter Aspekt <strong>der</strong> „kollektiven mentalen Programmierung“ betrifft endlich das<br />

spezifi sche Konkurrenzverständnis, dem man in <strong>der</strong> <strong>Oberlausitz</strong> begegnet. Ich denke,<br />

hier gibt es einige tief sitzende Missverständnisse mit <strong>der</strong> Bewertung: Konkurrenz ist<br />

schlecht. Erfolg, den man im wirtschaftlichen Wettbewerb erzielt hat, daher ebenfalls.<br />

Da man aber nicht hinter das Prinzip des Wettbewerbs zurück fallen kann, muss wohl<br />

eine Transformation <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>legenden Werte einsetzen hin zu einem recht verstandenen<br />

Wettbewerbsbegriff.<br />

Konkurrenz um knappe Güter <strong>und</strong> Ressourcen sowie um gesellschaftliche Positionen<br />

ist in <strong>der</strong> neuen Gesellschaft, die seit <strong>der</strong> politischen Wende Einzug gehalten hat,<br />

eine Schlüsseltriebkraft <strong>der</strong> Entwicklung. Allerdings muss man diese Konkurrenz in<br />

einem bestimmten Sinn verstehen, <strong>der</strong> sich am ökonomischen Rationalitätsverständnis<br />

ausrichtet: es soll einen Wettbewerb <strong>der</strong> Optimierung von Nutzen-Kosten-Verhältnissen<br />

geben, bei dem sich die Handlungen streng rational nach individuellen Vorteilskalkülen<br />

ergeben. Negativ formuliert haben „Irrationalitäten“ jedwe<strong>der</strong> Art wie Emotionen,<br />

Traditionen, Machtpositionen o<strong>der</strong> Gefälligkeiten in diesem Wettbewerb keinen Platz;<br />

29 Vgl. dazu MANFRED FUHRMANN, Bildung. Europas kulturelle Identität, Stuttgart 2002.

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