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1 Regionalentwicklung der Oberlausitz Chancen und ... - IHI Zittau

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80 Niklas Perzi<br />

für den intellektuellen Diskurs. 2002–2003 wurde in Vorbereitung des EU-Beitritts <strong>der</strong><br />

Tschechischen Republik eine Veranstaltungsserie zum Thema „Der unbekannte Nachbar<br />

Tschechien“ initiiert <strong>und</strong> organisiert.<br />

Dabei zeigte sich auch manchmal die Diskrepanz zwischen den in den Eröffnungsreden<br />

von <strong>der</strong> anwesenden politischen Repräsentanz beschworenen „Völker verbindenden<br />

Rolle <strong>der</strong> Kultur“ <strong>und</strong> dem, was die Wissenschafter in den anschließenden Referaten<br />

zu <strong>der</strong>en Funktion zur Konstruktion des Nationalen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Nationalstaaten zu sagen<br />

hatten. Sowieso hieße es, auf seinen selbst gestrickten Mythos hereinzufallen, wollte<br />

man dem Nationalismus Kompetenz für die Erhaltung <strong>der</strong> kulturellen Vielfalt in Europa<br />

zugestehen. Gerade <strong>der</strong> bürgerliche Nationalstaat mit seinem Ideal <strong>der</strong> Einsprachigkeit<br />

sorgte im Gegenteil für die größte Flurbereinigung auf dem buntscheckigen Fleckenkleid<br />

Europas. Unter <strong>der</strong> Vorspiegelung <strong>der</strong> Erhaltung <strong>und</strong> Bewahrung regionaler kultureller<br />

Identitäten erwies er sich dort, wo er diese nicht für sich vereinnahmen konnte, als <strong>der</strong>en<br />

größter Zerstörer. Ein Jahrhun<strong>der</strong>t bürgerlicher Bildung (<strong>und</strong> ihrer popularen Rezeption)<br />

haben genügt, um die Tradition selbstverständlicher Mehrsprachigkeit nicht nur faktisch,<br />

son<strong>der</strong>n auch im Bewusstsein <strong>der</strong> Menschen auszulöschen. (Hoch-) Kultur wurde<br />

zu etwas, was es zu erlangen galt, <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Besitz mitentscheidend für Zugehörigkeit<br />

zur herrschenden Elite o<strong>der</strong> dem herrschenden Volk war. Die Auseinan<strong>der</strong>setzungen im<br />

Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn (<strong>und</strong> nicht nur dort) wurden unter <strong>der</strong> Prämisse <strong>der</strong><br />

wechselseitigen Aberkennung dieses Besitzes von Kultur geführt.<br />

Aus den Symposien heraus entwickelten sich Buch- <strong>und</strong> Forschungsprojekte, die es<br />

wert sind, auch hier einzeln erwähnt zu werden. Als erstes sei <strong>der</strong> „Kulturführer Waldviertel<br />

– Weinviertel – Südmähren“ 3 , genannt, <strong>der</strong> aus einem essayistischen Teil besteht,<br />

in dem führende österreichische <strong>und</strong> tschechische Historiker versuchen, Sonden in das<br />

komplizierte Verhältnis <strong>der</strong> österreichischen <strong>und</strong> <strong>der</strong> böhmischen Län<strong>der</strong> zu werfen, <strong>und</strong><br />

einem faktographischen Teil, in dem die Kulturlandschaften <strong>und</strong> die darin gelegenen<br />

Orte beschrieben werden. Im Vorwort schreibt Wolfgang Müller-Funk: „Dieser Kulturführer<br />

ist ein Gemeinschaftsprodukt, entstanden aus <strong>der</strong> Zusammenarbeit von Autoren,<br />

Wissenschaftern <strong>und</strong> Photographen von beiden Seiten. Die Sichtweise ist da <strong>und</strong> dort<br />

verschiedenartig, <strong>und</strong> diese Divergenz soll mit Absicht nicht vermischt werden, denn<br />

dieses Buch will dazu einladen, die Gemeinsamkeiten <strong>und</strong> Unterschiede einer grenzüber<br />

schreitenden Region wahrzunehmen <strong>und</strong> zu verstehen; es möchte eine Landkarte<br />

entwerfen, die das Entfremdende zurücknimmt, ohne etwas zu beschwören.“ Des Weiteren<br />

muss das Forschungsprojekt „Kulturen an <strong>der</strong> Grenze“ genannt werden, das 1993<br />

bis 1995 von einem bilateralen Wissenschafterteam unter <strong>der</strong> Leitung von Univ.Doz.<br />

Dr. Oliver Rathkolb <strong>und</strong> Dr. Andrea Komlosy realisiert worden war. Resultate daraus<br />

waren eine Wan<strong>der</strong>ausstellung, die sowohl in 13 österreichischen <strong>und</strong> tschechischen<br />

Grenzstädten als auch in Wien, Brno/Brünn <strong>und</strong> Praha/Prag präsentiert wurde <strong>und</strong> ein<br />

zweisprachiger Ausstellungsband 4 mit 45 weiterführenden Beiträgen. In <strong>der</strong> 1999 erstellten<br />

Ausstellung „10 Jahre offene Grenze“ 5 , die ebenfalls durch das Grenzland <strong>und</strong> Wien,<br />

3<br />

ANTONIN BARTONĚK / BOHUSLAV BENEŠ / WOLFGANG MÜLLER-FUNK/FRIEDRICH POLLEROSS (Hrsg.), Kulturführer Waldviertel<br />

– Weinviertel – Südmähren, Wien 1993.<br />

4<br />

ANDREA KOMLOSY / VÁCLAV BŮŽEK / FRANTÍŠEK SVÁTEK (Hrsg.), Kulturen an <strong>der</strong> Grenze, Waidhofen a.d. Thaya / Wien 1995.<br />

5<br />

FRANZ PÖTSCHER / PETER MÄHNER / NIKLAS PERZI, 10 Jahre offene Grenze, Waidhofen a.d. Thaya 2000.

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