1 Regionalentwicklung der Oberlausitz Chancen und ... - IHI Zittau
1 Regionalentwicklung der Oberlausitz Chancen und ... - IHI Zittau
1 Regionalentwicklung der Oberlausitz Chancen und ... - IHI Zittau
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
132 Albert Löhr<br />
trifft auf durchaus erfolgreiche Unternehmer, die meinen, die Kunst <strong>der</strong> Unternehmensführung<br />
erschöpfe sich darin, in ihrem Betrieb irgendwie schwarze Zahlen zu schreiben,<br />
ohne Personal, Kommunikation o<strong>der</strong> gesellschaftliches Umfeld weiter zu beachten.<br />
Worauf es hier also im Kern <strong>der</strong> Werteordnung ankäme, ist nicht einfach das Herausfi<br />
nden aus einer kollektiven Wartestellung, die sich allzu oft schon hin zur individuellen<br />
Depression gesteigert hat, weil die ersehnte Arbeit einfach nicht „kommt“, son<strong>der</strong>n eine<br />
Transformation hin zum gesellschaftlichen Leitbild von individuellem Engagement für<br />
die eigenen Verhältnisse, das sich in Einzelfällen auch zu einem recht verstandenen Unternehmertum<br />
entwickeln kann. Ich sehe hier auch ganz maßgeblich die erfolgreichen<br />
Unternehmen <strong>der</strong> Region in <strong>der</strong> Pfl icht, in einer moralischen Pfl icht genau genommen,<br />
sich an <strong>der</strong> Debatte um ein Unternehmerleitbild zu beteiligen, das den Wert <strong>der</strong> persönlichen<br />
Eigeninitiative <strong>und</strong> unternehmerischen Engagements als positive Gr<strong>und</strong>haltung in<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft herausstellt. Wie dies ganz praktisch aussehen kann, versucht Wilfried<br />
Rosenberg in seinem Beitrag <strong>und</strong> mit seinen vielfältigen Aktivitäten in die Region zu<br />
tragen. Ich denke, auf diesen Plattformen <strong>der</strong> verschiedenen Mittelstandsvereinigungen<br />
kann man gut aufsetzen, um die weitere Diskussion in <strong>der</strong> unternehmerischen Leitbildfrage<br />
zu organisieren <strong>und</strong> voranzutreiben.<br />
(2) Von <strong>der</strong> Industriearbeit zur Dienstleistung<br />
Es war in den Megatrends davon die Rede, dass <strong>der</strong> Verlust an Arbeitsplätzen nicht einfach<br />
in <strong>der</strong> mengenmäßigen Abwan<strong>der</strong>ung von Unternehmungen besteht, son<strong>der</strong>n im<br />
Kern die De-Industrialisierung einer früheren Industrielandschaft darstellt. Prozentual betrachtet<br />
sieht man das Problem genauer: Wenn ich die Ausführungen <strong>der</strong> Vorredner richtig<br />
verstanden habe, sind bereits ca. 75 Prozent <strong>der</strong> aktuell Beschäftigten <strong>der</strong> <strong>Oberlausitz</strong><br />
im Dienstleistungsbereich tätig. Eine enorme Anzahl! Resonanz <strong>und</strong> Anerkennung in<br />
<strong>der</strong> Wertebasis <strong>der</strong> Gesellschaft fi ndet dies jedoch zu wenig. Im Gegenteil, wenn ich hier<br />
wie<strong>der</strong> für einen Moment in die Rolle des permanenten Beobachters schlüpfe stelle ich<br />
fest, dass eine konsequente Orientierung am Prinzip <strong>der</strong> Dienstleistung nicht so recht<br />
in den Köpfen von Bevölkerung <strong>und</strong> politischen Entscheidungsträgern ankommen will.<br />
Natürlich gibt es sie, die vielen kleinen Dienstleistungsoasen, mit Zauberhand nach dem<br />
Zufallsprinzip verstreut in die Region, hier in einer Gaststätte, dort in einem Handelsgeschäft,<br />
bei dem einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Handwerker, in einzelnen Tourismusbetrieben<br />
o<strong>der</strong> sogar in den Hochschulen. 28 Von einer „kollektiven mentalen Programmierung“<br />
(Hofstede), die im Sinne von Daniel Bell konsequent auf die Transformation von <strong>der</strong><br />
Industriegesellschaft hin zur Dienstleistungsgesellschaft setzen würde, ist die Region<br />
jedoch noch weit entfernt. Folgerichtig haben es dienstleistungsorientierte Konzepte<br />
in <strong>der</strong> <strong>Regionalentwicklung</strong> relativ schwer, Fuß zu fassen. Tourismus, Bildung, Handel,<br />
internationale Beratung, Projektentwicklung, Informations- <strong>und</strong> Kommunikationswesen<br />
usw., <strong>der</strong> im neuen Europa explosionsartig wachsende „dritte Sektor“ entwickelt sich an<br />
<strong>der</strong> Region zielstrebig vorbei. Während man auf den Fluren <strong>der</strong> Agentur für Arbeit in<br />
28 Ich gestatte mir hier stellvertretend ein geradezu symbolisches Beispiel hervorzuheben, das mich immer wie<strong>der</strong> sehr<br />
beeindruckt: die wahrlich Bedienung zu nennende Behandlung des Reisenden im Kiosk des ansonsten verwaisten <strong>Zittau</strong>er<br />
Hauptbahnhofs – eine Serviceoase inmitten <strong>der</strong> Servicewüste.