1 Regionalentwicklung der Oberlausitz Chancen und ... - IHI Zittau
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Die Waldviertel Akademie als Impulszentrum 79<br />
Zwischenkriegszeit <strong>und</strong> Prager Frühling nach 1945 im Bild von <strong>der</strong> Tschechoslowakei<br />
als Umwelt verschmutzende, graue Maus fortsetzte. Die Qualität des Landes wurde an<br />
<strong>der</strong> Dichte <strong>der</strong> dort vorhandenen Mikrowellen gemessen <strong>und</strong> nicht an <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong><br />
Dichter <strong>und</strong> Denker.<br />
Auch die Waldviertel Akademie wurde vorerst von Euphorie ergriffen <strong>und</strong> knüpfte<br />
unmittelbar nach <strong>der</strong> Wende in <strong>der</strong> Tschechoslowakei im Spätherbst 1989 Kontakte zum<br />
Nachbarn.<br />
Die Akademie ist keine Einrichtung des B<strong>und</strong>es o<strong>der</strong> des Landes Nie<strong>der</strong>österreich,<br />
son<strong>der</strong>n eines von mehreren Ergebnissen (o<strong>der</strong> Folgen) <strong>der</strong> Aufbruchstimmung, die im<br />
Waldviertel in den 80er Jahren nach Jahrzehnten von Resignation <strong>und</strong> Depression in<br />
einer gemeinsamen Initiative aus intellektuellen Stadtfl üchtlingen, in <strong>der</strong> Stadt akademisch<br />
ausgebildeten Rückkehrern <strong>und</strong> hier gebliebenen Querdenkern initiiert wurde.<br />
Als Gründungsväter fungierten 1984 <strong>der</strong> Münchner Philosoph <strong>und</strong> Literaturwissenschafter<br />
Wolfgang Müller-Funk gemeinsam mit einer Gruppe von Aktivisten r<strong>und</strong> um den<br />
Landesbeauftragten für das Waldviertel, Adi Kastner <strong>und</strong> Ernst Wurz, mit dem Ziel,<br />
einen Kontrapunkt gegen die Kultur <strong>der</strong> Passivität zu setzen. Im Gründungsmanifest<br />
hieß es dazu: „Die Waldviertel Akademie versteht sich als kleiner Beitrag dazu, aus dem<br />
Waldviertel eine ‚Provinz des Menschen‘ (Elias Canetti) zu machen, die die Menschen<br />
nicht mit billigen Hoffnungen abspeist.“ 2<br />
Im Laufe <strong>der</strong> Jahre entwickelte sich die Akademie einerseits zu einem Zentrum des<br />
philosophischen <strong>und</strong> kulturtheoretischen Diskurses, zum an<strong>der</strong>en aber zu einer Art<br />
„geistiger Tankstelle“, von <strong>der</strong> aus sich verschiedene regionale Initiativen auf den Gebieten<br />
<strong>der</strong> Regionalpolitik, Raumordnung, Architektur, Kultur, Kunst <strong>und</strong> Ökologie<br />
entwickelten. Obwohl die Waldviertel Akademie seit 1991 ein – auch ständig mit wechselndem<br />
Personalstand – besetztes Kulturbüro unterhält, ist sie doch nicht unbedingt zu<br />
verorten, vielmehr verstand <strong>und</strong> versteht sie sich als Wan<strong>der</strong>akademie, die ihre Themen<br />
dort anbietet, wo sie glaubt, auf Interesse zu stoßen.<br />
Die erste Veranstaltung, die sich auch auf die an<strong>der</strong>e Seite <strong>der</strong> Grenze hin orientierte,<br />
fand bereits am 10. Dezember 1990 in Langau unter dem Titel „Grenzenlose Nachbarschaft“<br />
statt. Dabei nahmen nicht nur die Bewohner <strong>der</strong> beiden Grenzorte Langau <strong>und</strong><br />
Šafov/Schaffau, son<strong>der</strong>n auch Studenten vom Bürgerforum in Brno/Brünn teil.<br />
1990 wurde mit <strong>der</strong> Veranstaltungsreihe „Grenze <strong>und</strong> Nachbarschaft“ begonnen. Der<br />
Namen des ersten Symposions machte den umfassenden Anspruch deutlich, die bisher<br />
für das Waldviertel wahr genommene Funktion nun auch auf die Nachbarregion hin<br />
auszudehnen. Es stand unter dem Titel „Ökonomie, Sprache, Geschichte, Wissenschaft<br />
<strong>und</strong> Kultur, Bildende Künste, Umwelt <strong>und</strong> Region“ <strong>und</strong> brachte in Arbeitskreisen zu<br />
all diesen Themen führende österreichische <strong>und</strong> tschechische Wissenschafter, Politiker<br />
<strong>und</strong> Praktiker zusammen. Das Symposium wurde bis ins Jahr 2002 jährlich einmal in<br />
Österreich, einmal in Tschechien ausgetragen. Schon bald kristallisierten sich dabei zwei<br />
Schwerpunkte heraus: Zum einen die Zusammenkünfte von Institutionen, Gemeinden,<br />
Initiativen <strong>und</strong> Aktivisten bei<strong>der</strong> Regionen, zum an<strong>der</strong>en ein lockeres Gesprächsforum<br />
2 WOLFGANG MÜLLER-FUNK, Waldviertel Akademie – Eine Region kommt zusammen. Gr<strong>und</strong>legung – Selbstverständnis – Perspektiven,<br />
maschinenschriftliches Manuskript, o. O. 1984.