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28/2015 „Umweltprobleme der Landwirtschaft‘‘

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30 Jahre SRU-Son<strong>der</strong>gutachten <strong>„Umweltprobleme</strong> <strong>der</strong> Landwirtschaft“ - Eine Bilanz<br />

4.3.2 Das Bundesnaturschutzgesetz von 1976<br />

Das BNatSchG von 1976 ist insofern bemerkenswert, als es in seinen beiden ersten<br />

Paragraphen den Naturschutz als umfassenden Umweltschutz versteht – ohne jedoch<br />

diesen Begriff zu verwenden – und damit (ökologisch richtig) impliziert, dass die "Natur"<br />

<strong>der</strong> "Umwelt" übergeordnet ist. Dieser ganzheitliche Gültigkeitsanspruch wird aber in den<br />

weiteren Paragraphen des Gesetzes, die sich vor allem dem Arten- und Biotopschutz, den<br />

Schutzgebieten sowie <strong>der</strong> Landschaftsplanung und –pflege detailliert widmen, nicht mehr<br />

durchgehalten. Daher wurde Naturschutz weiterhin weitgehend parallel zum<br />

Umweltschutz betrieben, blieb aber im politischen Gewicht dahinter zurück.<br />

Die Landwirtschaft, die im Naturschutzgesetz von 1935 nicht einmal Erwähnung<br />

gefunden hatte, hat im BNatSchG von 1976 eine maßgebliche Berücksichtigung gefunden<br />

(vgl. Haber, W., 2014, S. 107f.). So sind die Naturschutzgüter in § 1 Abs. 1 gegenüber<br />

dem Vorgängergesetz, das pauschal den „Schutz <strong>der</strong> Natur in allen ihren Erscheinungen“<br />

vorschrieb, in vier Kategorien aufgeglie<strong>der</strong>t:<br />

• Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts<br />

• Nutzungsfähigkeit <strong>der</strong> Naturgüter<br />

• Pflanzen- und Tierarten<br />

• Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft.<br />

Dabei fällt auf, dass leistungs- und nutzungsbezogene Schutzgüter den „klassischen“<br />

Naturschutzzielen (Nr. 3 und 4) vorangestellt wurden und das Gesetz schon damit als<br />

„landnutzungsfreundlich“ kennzeichnen. Begriffe wie Naturhaushalt o<strong>der</strong> Naturgüter (oft<br />

auch als Naturkapital o<strong>der</strong> Naturressourcen bezeichnet) sind indessen abstrakt und<br />

außerdem kategorial verschieden von den sinnlich erfahrbaren Naturschutzgütern Nr. 3<br />

und 4, also Pflanzen, Tieren und Landschaft, <strong>der</strong>en Sicherung mit <strong>der</strong> Erhaltung eines<br />

"leistungsfähigen" Naturhaushalts und von "nutzungsfähigen" Naturgütern nicht<br />

automatisch gewährleistet ist. Die vier Ziele stimmen also nicht überein und sind<br />

obendrein in idealistischen, unbestimmten Rechtsbegriffen formuliert. In Erkenntnis<br />

dieser Probleme haben die Verfasser des Gesetzes in § 1 Abs. 2 ein Abwägungsgebot<br />

eingefügt, wonach die Ziele Nr. 1-4 untereinan<strong>der</strong>, aber auch „gegen die sonstigen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an Natur und Landschaft“ abzuwägen seien – was in <strong>der</strong> Praxis meist<br />

zugunsten <strong>der</strong> Landwirtschaft erfolgte und den Naturschutz benachteiligte.<br />

Die „Landnutzungs-Begünstigung“ im BNatSchG von 1976 wird in § 1 noch weiter<br />

bekräftigt. Sein Absatz 3 lautet: „Der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft kommt<br />

für die Erhaltung <strong>der</strong> Kultur- und Erholungslandschaft eine zentrale Bedeutung zu; sie<br />

dient in <strong>der</strong> Regel den Zielen dieses Gesetzes“. Der Begriff „ordnungsgemäß“ ist im Gesetz<br />

jedoch nicht definiert. Zu dessen wichtigen Neuerungen zählte die Regelung von<br />

„Eingriffen“ in Natur und Landschaft, die definiert sind als „Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gestalt<br />

o<strong>der</strong> Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts o<strong>der</strong> das<br />

Landschaftsbild erheblich o<strong>der</strong> nachhaltig beeinträchtigen können“ (§ 8 Abs. 1). Obwohl<br />

die mo<strong>der</strong>ne landwirtschaftliche Bodennutzung ständig solche Verän<strong>der</strong>ungen<br />

vornimmt, war sie, wenn „ordnungsgemäß“, nach § 8 (7) „nicht als Eingriff in Natur und<br />

Landschaft anzusehen“. Als Begründung dafür wurden die historischen Leistungen <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft in <strong>der</strong> Schaffung und Erhaltung <strong>der</strong> ländlichen Kulturlandschaft<br />

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