Personenwagen-Lenkende und -Mitfahrende - BfU
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2.10 Fahrverhalten: Unangepasste Ge-<br />
schwindigkeit<br />
2.10.1 Ausgangslage <strong>und</strong> Verbreitung<br />
In der Schweiz ist das zu schnelle Fahren ein weit<br />
verbreitetes Phänomen. Die Übertretungsrate vari-<br />
iert jedoch stark nach Tageszeit, Witterungsbedin-<br />
gungen, Strassentyp, Verkehrsaufkommen <strong>und</strong><br />
Ortslage. 2008 fuhren ausserorts 30 % <strong>und</strong> auf<br />
Autobahnen 22 % der PW-<strong>Lenkende</strong>n zu schnell.<br />
Innerorts waren es 16 % [45]. Von allen Ausweisentzügen<br />
im Jahr 2009 sind 44 % auf Geschwindigkeitsüberschreitungen<br />
zurückzuführen [14]. In<br />
r<strong>und</strong> 90 % der Fälle erfolgten diese Entzüge, ohne<br />
dass sich im Vorfeld ein Unfall ereignet hatte.<br />
2.10.2 Gefahrenpotenzial <strong>und</strong> Unfallrelevanz<br />
Die Geschwindigkeit ist einer der zentralsten Unfall-<br />
<strong>und</strong> Verletzungsrisikofaktoren im Strassenverkehr.<br />
Einerseits verkürzen hohe Geschwindigkeiten<br />
die Zeit, um auf spät erkennbare oder plötzlich<br />
auftauchende Hindernisse zu reagieren. Andererseits<br />
fällt der Zusammenhang zur Verletzungswahrscheinlichkeit<br />
bzw. -schwere überproportional stark<br />
ins Gewicht, führt doch eine hohe Geschwindigkeit<br />
zu einem überproportional verlängerten Anhalteweg<br />
bzw. (im Fall eines Hindernisses) zu einer<br />
überproportional erhöhten Kollisionsgeschwindigkeit<br />
[73]: Wo ein mit 30 km/h fahrendes Auto nach<br />
einer Vollbremsung still steht, weist ein Fahrzeug<br />
mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von 40 km/h,<br />
dessen Lenker am gleichen Ort gleich schnell reagiert,<br />
noch immer eine Geschwindigkeit von<br />
30 km/h auf <strong>und</strong> bei einer Geschwindigkeit von<br />
50 km/h hat an diesem Punkt noch gar kein Geschwindigkeitsabbau<br />
stattgef<strong>und</strong>en.<br />
Die relativ kleinen Hochrisikogruppen, wie die oft<br />
thematisierten Raser, verursachen zwar schwere<br />
Unfälle, bilden aber nicht das Hauptproblem. Sehr<br />
viel bedeutsamer sind die Folgen der zahlreichen,<br />
meist verkannten geringeren Geschwindigkeitsüberschreitungen<br />
oder anderer Arten von geschwindigkeitsbezogenem<br />
Fehlverhalten wie das<br />
Nichtanpassen an die Linienführung, das Nichtanpassen<br />
an die Strassenverhältnisse, das Nichtanpassen<br />
an die Verkehrsverhältnisse <strong>und</strong> das Nichtanpassen<br />
an die Sichtverhältnisse. Neue wissenschaftliche<br />
Arbeiten beschreiben unter dem Stichwort<br />
Power-Model einen weit folgenreicheren Zusammenhang<br />
zwischen Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
<strong>und</strong> Unfallgeschehen als bisher angenommen [74].<br />
So erhöhen z. B. 5 km/h zu viel im Innerortsbereich<br />
das Gefährdungspotenzial um ein Vielfaches gegenüber<br />
5 km/h zu viel auf Autobahnen.<br />
Gemäss amtlicher Statistik sind r<strong>und</strong> 40 % aller<br />
schwer verletzten oder getöteten PW-Insassen in<br />
den Jahren 2004–2008 der Unfallursache Geschwindigkeit<br />
zuzuordnen. Dabei sollte aber berücksichtigt<br />
werden, dass die Polizei am Unfallort<br />
ein Geschwindigkeitsvergehen nicht immer zweifelsfrei<br />
feststellen kann <strong>und</strong> daher die Bedeutung<br />
von Geschwindigkeit als Unfallursache vermutlich<br />
unterschätzt wird<br />
Zudem bestehen grosse Unterschiede zwischen<br />
den Sprachregionen sowie nach Strassentypen.<br />
Gemäss amtlicher Statistik der Jahre 2004–2008<br />
waren bei 51 % aller verletzten oder getöteten<br />
PW-Insassen in der Romandie, bei 35 % in der<br />
Deutschschweiz <strong>und</strong> bei 24 % im Tessin auf nicht<br />
angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen. Die<br />
entsprechenden Werte beliefen sich auf 29 %<br />
innerorts, 48 % ausserorts <strong>und</strong> 35 % auf Autobahnen.<br />
Die Länge des Strassennetzes innerorts,<br />
94 Risikofaktoren (Autoren: Y. Achermann-Stürmer, G. Scaramuzza) bfu-Sicherheitsdossier Nr. 07