Download als PDF - Raphael Draschtak
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Slowenien und Kroatien durchzusetzen. Sie wollte dem erwarteten Sieg der<br />
nationalistischen, nicht-kommunistischen und antikommunistischen Parteien<br />
zuvorkommen und deren eigene potentiellen bewaffneten Truppen (v.a. die<br />
Territorialverteidigung der Republiken, auf die unten noch weiter einzugehen sein<br />
wird, Anm.) neutralisieren. 34<br />
Das anfangs weitgehend verdeckte Vorgehen der Armee wurde seitens der Europäer<br />
und Amerikaner anfangs nicht merklich kritisiert. Auch dabei waren die Gründe<br />
nachvollziehbar. “In Europa hoffte man lange, daß in Jugoslawien unter einer<br />
starken, eventuell militärischen Zentralregierung law and order wiederhergestellt<br />
würden, man berief sich auf das Prinzip der Nichteinmischung in innere<br />
Angelegenheiten. Vor allem fürchtete man den ‘Ansteckungseffekt’ (auf Korsen,<br />
Basken, Nordiren etc.), wenn die Völker Jugoslawiens auseinandergingen, und<br />
dachte an die Behinderung der Verkehrswege nach dem Südosten durch neue<br />
Grenzen. Der britische Außenminister Hurd meinte bei Ausbruch der Kämpfe, die<br />
jugoslawische Armee - die stärkste auf dem Kontinent außerhalb der NATO - sollte<br />
erst einmal im eigenen Saft verkochen.” 35 Überdies befand sich die EG in einer<br />
strukturellen Transformationsphase von der wirtschaftlichen zur politischen Einheit<br />
und war demzufolge noch auf keinem entsprechenden Handlungsniveau.<br />
Auch waren sich die Spitzen der Europäischen Gemeinschaft - mit Ausnahme<br />
Deutschlands, das sich gemeinsam mit Österreich hinter Slowenien und Kroatien<br />
stellte - bei Kriegausbruch nicht einig und klar, ob man die Auseinandersetzungen im<br />
Gefolge der Sezession Sloweniens und Kroatiens <strong>als</strong> serbischen - und damit<br />
internationalen - Angriffskrieg gegen die beiden Staaten, die man noch nicht<br />
diplomatisch anerkannt hatte (dies folgte durch die EG erst am 15. Jänner 1992),<br />
oder <strong>als</strong> reinen Bürgerkrieg innerhalb des jugoslawischen Staates betrachten sollte.<br />
Gleichzeitig waren die USA und Europa nämlich zu Beginn der Krise auch in den<br />
Widersprüchen der Helsinki-Schlußakte von 1975 gefangen: Die Unverletzbarkeit der<br />
Grenzen (3. Prinzip der Helsinki-Akte), die territoriale Integrität der Staaten (4.<br />
Prinzip) und Nicht-Einmischung in interne Angelegenheiten von Staaten (6. Prinzip)<br />
standen dem Selbstbestimmungsrecht der Völker (8. Prinzip) entgegen. 36 Wie Alois<br />
34 Anton Bebler, Staat im Staate. Zur Rolle des Militärs. In: Josip Furkes, Karl-Heiz Schlarp,<br />
Jugoslawien. Ein Staat zerfällt (Frankfurt/Main 1991) 121<br />
35<br />
Paul Parin, Westeuropa hat Jugoslawien allein gelassen. Gedanken eines entsetzten<br />
Zuschauers. In: o. Hg, Europa im Krieg. Die Debatte über den Krieg im ehemaligen Jugoslawien<br />
(Frankfurt/Main 1992) 28<br />
36 Predrag Simic, The internationalization of the war in Yugoslavia. In: The Southeast European<br />
Yearbook 1994, 463<br />
11