Download als PDF - Raphael Draschtak
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provozieren. Die Armee könnte die betreffenden Gebiete dann einnehmen.” So<br />
entwickelte sich im Frühjahr 1991 - spätestens aber mit Ende des Waffenganges in<br />
Slowenien - die Änderung der serbischen Taktik weg vom Festhalten am<br />
jugoslawischen Gesamtstaat unter serbischer Dominanz - was anfangs vor allem von<br />
der kommunistisch eingestellten Generalität unterstützt wurde - hin zur Propagierung<br />
großserbischer Forderungen gegenüber der sezessionswilligen Republik Kroatien. 86<br />
Folglich muß gesagt werden, daß der Krieg in Kroatien - betrachtete man die<br />
Hintergründe und Motive - von vornherein einen ganz anderen Charakter hatte <strong>als</strong><br />
die von Holbrokke geäußerte „Bagatelle“ 87 in Slowenien. Ein kurzer Blick zurück<br />
macht dies deutlich. Im Frühjahr 1991 hatte Milosevic Kucan ein Angebot gemacht:<br />
Er werde der slowenischen Unabhängigkeit zustimmen, wenn sich Slowenien im<br />
Gegenzug positiv zu einer serbischen Armee-Intervention in Kroatien stelle. Kucan<br />
schlug ab und sollte damit die Armee-Aktion in Slowenien provozieren. Wie Jovic<br />
später zugab, war es Milosevic und ihm „völlig egal ob Slowenien bei Jugoslawien<br />
bleibt oder nicht” (man mußte die gesamtjugoslawisch eingestellte Armeeführung<br />
zufriedenstellen). Vielmehr ging es nach Abschluß der „Slowenien-Frage“ um die<br />
serbisch besiedelten Gebiete Kroatiens. Daher kam - wie Djindjic oben bestätigt -<br />
serbischerseits bald der Vorschlag auf, die JNA an die neuen/neu zu ziehenden<br />
Grenzen abzuziehen. 88<br />
Vor einem offenen Militäreinsatz war es für Milosevic erforderlich gewesen, die<br />
nationale Frage weiter zu eskalieren und die Grenzen eines bewaffneten Vorgehens<br />
auszuloten. Gleichsam zu „Übungszwecken“ waren zu diesem Zweck zur<br />
Niederschlagung einer Demonstration am 9. März in Belgrad die Panzer aus den<br />
Kasernen auf die Straße geholt worden. Damit war der nächste Schritt - der offene<br />
Einsatz gegen Slowenien und vor allem Kroatien - erleichtert worden (eine zeitlang<br />
war ein Armeeeinsatz durch die Gegenstimme des bosnischen<br />
Staatspräsidiumsmitglieds Bogic Bogicevic sowie die erwähnte zögerliche Haltung<br />
von Verteidigungsminister Kadijevic noch verzögert worden). 89 Im Mai verschlecherte<br />
sich die Situation in Kroatien erneut, <strong>als</strong> serbische Freischärler im ostslawonischen<br />
Borovo Selo 12 kroatische Polizisten massakrierten. Nach wie vor jedoch war es zu<br />
keinem offenen Armeeeinsatz an der Seite der Serben in Kroatien gekommen, noch<br />
hatte die Armee weitgehend die Rolle des Neutralen.<br />
86 „Bruderkrieg ”. 2. Folge<br />
87 Holbrooke, Meine Mission. S. 50<br />
88 „Bruderkrieg“. 2. Folge<br />
89 Ebenda<br />
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