Download als PDF - Raphael Draschtak
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Hochverrat.” 17 Die eigentliche Frage dabei war in der Anfangsphase des Krieges:<br />
„Was für einen Krieg führt man zur Zeit in Bosnien-Herzegowina? Ist es nur eine<br />
Konsequenz der serbischen (und auch kroatischen) Aggression von außen, oder hat<br />
man es auch mit einem Bürgerkrieg zu tun? Meines Erachtens ist der Krieg in<br />
Bosnien-Herzegowina eine Kombination aus äußerer Aggression, Bürgerkrieg,<br />
Religionskrieg und Bandenkrieg. Diese Antwort umfaßt alle anderen Fragen<br />
politischer, militärstrategischer oder völkerrechtlicher Natur.” 18 Mit anderen Worten:<br />
Die Frage, ob der Konflikt in Bosnien und Kroatien primär „ethnisch-religiöser” oder<br />
„politisch-nationalistischer“ Natur war und ist, ist sehr umstritten. 19 Den<br />
Forschungsergebnissen des Autors zufolge dürfte es sich um eine Symbiose beider<br />
Faktoren handeln.<br />
Titos Reich war somit seit dessen Tod 1980 zerfallen, „<strong>als</strong> die äußere Bedrohung<br />
weg war, <strong>als</strong> sich der innere Zusammenhalt des Vielvölkerstaates durch den Bankrott<br />
des Genossenschafts-Kapitalismus lockerte und er sich schließlich durch<br />
Demokratisierung zersetzte. Innerhalb und außerhalb der KP tauchten<br />
nationalistische Gruppen auf, die bald die Oberhand gewannen. Die neue Macht<br />
errang, wem es am besten gelang, die Zerteilung des Staates durch Nächstenhaß zu<br />
organisieren.“ 20 Der serbische Präsident Slobodan Milosevic übernahm in diesem<br />
Transformationsstadium diese politische - und gemeinsam mit der Armee bald auch<br />
die militärische - Initiative. Dabei sollte er Interessen und Konstellationen geschickt<br />
ausnutzen. Milosevic war keineswegs darauf aus, „sich alle anderen zu unterwerfen.<br />
Das wollte nur die alte Armeeführung, die er ausnutzte und betrog.“ 21<br />
Zugute kam dem serbischen Präsidenten dabei die weitgehenden Passivität vor<br />
allem des Westens, die politischem Kalkül und f<strong>als</strong>cher Einschätzung entsprach.<br />
„Vier Tage vor Kriegsbeginn, Ende Juni 1991, besuchte der amerikanische<br />
Außenminister James Baker die Belgrader Führung und erklärte die bevorstehenden<br />
Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens und Kroatiens für ‚illegal‘. Die USA würden<br />
sie nicht anerkennen. Ähnlich dachten und redeten britische und französische<br />
Diplomaten.“ 22<br />
17 Zarko Puhovski, Der Krieg in Bosnien-Herzegowina und der serbisch-kroatische Konflikt<br />
(o.O., o.J.) 302<br />
18 Ebenda. S. 303<br />
19 Carsten Wieland, Die aktuellen Konfliktlinien in Bosnien-Herzegowina. In: Südosteuropa<br />
Mitteilungen, 1995/Nr.3 - 35. Jahrgang, 195<br />
20 PROFIL 39/1995. S. 72<br />
21 Ebenda. S. 72<br />
22 Ebenda. S. 72<br />
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