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zeigte sich schon 1993 ein Verfall der Moral auf serbischer Seite. In Banja Luka<br />

wandte sich im September eine ganze Brigade wegen mangelhafter Versorgung und<br />

die angeblich breite Inkomptenz im VRS-Offizierskorps gegen die Führung und<br />

brachte damit die Operationen in Westbosnien für eine Woche zum Erliegen, bis die<br />

Einheit auf dem Verhandlungswege ruhiggestellt werden konnte. Um dem weiteren<br />

Kampfkraftverlust entgegenzuwirken, organisierte die Armeeführung die<br />

verbliebenen JNA-Veteranen in zwei Panzer-, eine mech- und sieben mot.<br />

Infanteriebrigaden. Diese Einheiten zeigten sich zwar ebenfalls nicht in der Lage, <strong>als</strong><br />

Offensiv-Speerspitze zu agieren, konnten aber allein durch die umfassende<br />

Motorisierung und die Erfahrung der Männer im Kommando <strong>als</strong> defensive<br />

Krisenreaktionsverbände gegen die immer häufigeren moslemischen Vorstöße und<br />

Einbrüche genutzt werden. 302<br />

Die ersten schweren moslemischen Gegenstöße geschahen im Frühjahr 1993 in<br />

Mittelbosnien. Das III. Korps der bosnischen Armee hatte zwei neue Brigaden<br />

aufgestellt. Diese bestanden in erster Linie aus Männern, die die Säuberungen in<br />

Nord- und Ostbosnien überlebt hatten. Ihre Erfahrungen in den Händen der Serben<br />

hatte viele von ihnen sehr hart und entsprechend kampfkräftig werden lassen; die<br />

meisten waren durch die Konzentrationslager gegangen. In Travnik hatten sie die 17.<br />

‘Krajiska’-Brigade gegründet, die unter dem Kommando von Oberst Mehmed Alagic<br />

stand. Alagic war aus der Region Kozara ‘gesäubert’ worden. Im moslemischen<br />

„Kernstaat“ um Zenica entstand die 7. Moslemische Brigade, ein ebenfalls völlig<br />

neuer Kampfverband, der - ähnlich Drekovics Einheiten - explizit moslemisch statt<br />

bosnisch orientiert war. Ihre Offiziere waren westlichen Ausländern gegenüber<br />

feindselig, trugen lange Bärte und islamische Insignien und grüßten einander mit<br />

dem arabischen ‘al-salaam aleikum’ (Der Friede sei mit dir). „Zum ersten Mal<br />

manifestierte sich ein schriller, fremdenfeindlicher, moslemischer Nationalismus in<br />

Bosnien: Die Offiziere der 7. Moslemischen Brigade machten die Politik der multiethnischen<br />

Toleranz für das Schicksal des moslemischen Volkes verantwortlich. Es<br />

sei höchste Zeit, daß die Moslems ihre Geschicke selbst in die Hand nehmen, und<br />

zwar nicht <strong>als</strong> Bosnier, sondern <strong>als</strong> Moslems.” 303<br />

Begünstigt wurden die Moslems - vorläufig indirekt- durch die neue Clinton-<br />

Administration. Diese ging ab April 1993 in der Frage des Waffenembargos von der<br />

Bush-Linie ab und favorisierte die kombinierte Lieferung von Waffen an die ABiH und<br />

Luftschläge („Lift and strike“), was auf diplomatischer Ebene und im Sicherheitsrat<br />

302 Command Magazin Issue 35 Nov 1995. S. 68<br />

303 Silber, Little, Bruderkrieg. S. 357<br />

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