Download als PDF - Raphael Draschtak
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Der spätere Friedensvermittler Richard Holbrooke dazu in seinen Erinnerungen über<br />
die Jugoslawien-Mission vor Ausbruch des militärischen Konfliktes: „Die USA<br />
befanden sich in der paradoxen Situation, ein Staatsgebilde zu unterstützen, das<br />
nicht mehr existierte.“ 23 „Wären sich Europäer und Amerikaner im Endziel einig<br />
gewesen, hätten sie etwa einer gelockerten jugoslawischen Föderation eine<br />
demokratische Struktur aufzwingen können. Oder notfalls eine friedliche<br />
Scheidung.“ 24<br />
Holbrooke weiter: „Tatsächlich war Jugoslawien <strong>als</strong> ‚erster Versuch‘ für die neue<br />
amerikanische Politik, die Europäer zu einem geschlossenen Handeln zu bewegen,<br />
denkbar ungeeignet. (...) Aber auch die Europäer beurteilten die Lage völlig f<strong>als</strong>ch.“ 25<br />
Holbrooke neigte bereits in Betrachtung der damaligen Ereignisse zu einem Einsatz<br />
militärischer Mittel, wie er erst vier Jahre später unter Federführung der USA in<br />
Bosnien passieren sollte: „Die von den USA dominierte NATO wäre wohl am ehesten<br />
zu einer Lösung der Jugoslawienkrise in der Lage gewesen.“ 26<br />
Die Motivation für das gemeinsame Vorgehen der Jugoslawischen Armee mit<br />
Milosevic war, wie auch der kurzzeitige Belgrader Bürgermeister und Milosevic-<br />
Kritiker Zoran Djindjic (<strong>als</strong> Serbe, Anm.) konstatiert, eine sehr rationale: „Im Zuge des<br />
jugoslawischen Zerfallsprozesses hat sich die gesamtjugoslawische Bundesarmee<br />
von allen gemeinsamen Staatsinstitutionen am langsamsten aufgelöst. In der Armee<br />
existierte ein sehr harter Kern an Leuten, die an einem gemeinsamen Jugoslawien<br />
festhalten wollten. Die Armee war ein Sonderfall, da es in ihr einen<br />
überdurchschnittlich hohen Anteil an überzeugten Kommunisten gab. Daher sah sich<br />
die Armee in der ersten Kriegsphase <strong>als</strong> Verteidigerin Jugoslawiens, da sie meinte,<br />
den Kommunismus zu verteidigen. So wirkte auch Milosevics Trick, sowohl<br />
Kommunismus <strong>als</strong> auch Nationalismus vorzutäuschen. In der Tat war und ist er<br />
weder Kommunist noch Nationalist.“ 27 Milovan Djilas dazu: „Als der Versuch<br />
Milosevics, (durch Instrumentalisierung der jugoslawisch orientierten Fraktion in der<br />
Armeeführung, Anm. des Autors) ganz Jugoslawien zu erobern, fehlgeschlagen war,<br />
zog er die Theorie ‘Großserbien’ aus dem Hut - wobei er offiziell immer von der<br />
Erhaltung Jugoslawiens sprach.” 28<br />
23 Richard Holbrooke, Meine Mission. Vom Krieg zum Frieden in Bosnien. Deutsche Ausgabe.<br />
(München 1998) 47<br />
24 PROFIL 39/1995. S. 72<br />
25 Holbrooke, Meine Mission. S. 48-49<br />
26 Holbrooke, Meine Mission. S. 48<br />
27 Gespräch mit Bürgermeister a.D. Prof. Zoran Djindjic, Belgrad, Oktober 1997<br />
28 DER SPIEGEL 17/1995. S. 161<br />
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